36.

[62] Vom Landgut ausser Bologna

den 11ten aug: 1770.


Du wirst den 4ten, nämlich einen tag, nachdem Du mir geschrieben, von mir einen Brief vom 28ten, und unterdessen auf den vom 4ten dieß erhalten haben. gestern sind wir um Mittag, nachdem wir in Bologna die h: Mess gehört, hier auf dem Landgut angelangt, so etwa von der Statt, wie Maria Plain v Salzb: entfernt ist. Nun haben wir einmahl recht ausgeschlafen, und es wird unnötig seyn Dir eine Beschreibung von den herrlichkeiten zu machen, mit denen wir bedient sind. Die zimmer und better kannst Du Dir einbilden, die Leinlacher sind seiner als manches Edelmans Hemd x: silber alles ist vom Silber, sogar das Nachtgeschirr und das Nachtliecht x: x: Den abend sind wir, nämlich der Wolfg: mit Sr Ex: der gräfin, und dem jungen h: grasen, und ich mit Sr Ex: den h: Feldmarschall1 in 2 sedien spazieren gefahren. Wir haben einen Laufer, und einen Bedienten zu unserer Bedienung, folglich 2 Personen, und der Laufer schlaft in unserm vorzimmer um in allen fällen bey der Hand zu seyn, der bediente muß den Wolfg: die Haar in ordnung bringen. Sr Ex: haben uns in die ersten zimmer (nach Salzb: zu ebenfuß) Logiert, welche im Sommer, wegen der Hitze, die in den obern zimmern ist, die besten zimmer sind, da wir den ganzen tag, und sonderlich in der Nacht nicht die mindeste Hitze empfinden. ausser unsern zimmer ist die Sala Terrena wo wir speisen, und wo alles frisch, khül und angenehm ist. Der junge h: graf, der in des Wolfg: alter, und der einzige Erb ist, besitzet grosse Talente, spielt clavier, spricht deutsch, welsch und franz: und hat alle tag 5 und 6 Lehrmeister in verschiedenen wissenschaften und Exercitiis. er ist schon Kays: Cammerherr. Du kannst Dir wohl vorstellen, daß dieser junge h: und der Wolfg: die besten freunde sind. wir werden einige zeit hier bleiben, – wie lang – das weis ich nicht. vielleicht dieß ganze Monat, bis die gröste Hitze vorbey ist. und mein fuß? – – [63] Dieser ist, gott Lob, gut. es ist alles zu; und die haut gehet nach und nach alle weg. nur komt abends, durch die Bewegung, die den ganzen tag hindurch, so sehr ich ihn auch schone, nothwendig geschiehet, eine wenige geschwulst unten am knocht; die sich aber in der Nacht allzeit verliert, und täglich weniger kommt. Die Herrschaft läßt mich niemals stehen, sondern ich muß immer sitzen, und den fuff auf einen andern sessl hinauslegen. so gar haben sie mir heute in der Capelle bey der Messe 2 sessl zurecht stellen lassen. vor 12 uhr ist alle Tag die hl: Messe, wo der junge h: graf ministriert, nach der Meß wird ein Rosenkranz, die Litaney, dasSalve Regina und das de Profundis gebettet.

Du bist auf die kostbarsten feigen, Mellonen, und Pfersig eingeladen! und ich bin höchst vergnügt, daß ich Dir schreiben kann, daß es uns, gott sey unendl: Dank gesagt, gut gehet. Wenn ich die Salben und Pflaster nicht weg gethan hätte, so würde ich noch lange zu thun gehabt haben, dann dieß zog alle Salien und scharfe Materie und wasser an sich, und da der körper durch tägliche speiß und trank mit dergleichen feuchtigkeit genug versehen wird, so würde ich lange auf das Ende haben warten müssen. wenn die Natur selbst diese öfnung gemacht hätte, so würde es freylich sehr übl gethañ seyn einen solchen ausfluß zu verhindern: allein, da es nur von einem unversehenen Zufahl herrührte, so war es genug und mehr als genug 6 wochen einen offnen fuß zu haben. Jederman lasse es sich zur warnung seyn, kein Pflaster aufzulegen, sondern nichts als Papier und beständig Urin zu brauchen, um zu verhindern, daß es nicht Materie fasst. H: Capellstr: Lolli melde nebst meiner Empf: daß seineComp: sicher ablegen werde, und bereits mit einigen alten, die ihn kennen, gesprochen habe. Der Nannerl zu ihrem nahmenstag zu gratulieren haben wir vergessen. Ich hatte immer meine Melacholische gedanken bey meinem fuß. Es ist sehr traurig zu vernehmen, daß es in Salzb: immer theuerer wird. Denket man dann nicht auf Mittl dieser teuerung abzuhelfen? – – an h: v schiedenhofen und seine gdge Mama meine sonderh: Empfehlung. Des h: v schiedenhofen Brief werde nächstens beantworten. Ich erhielte heute die [64] 3 Briefe auf einmahl. ich muß schliessen. Die Briefe SrEx: werden in die Statt geschickt, dieser muß also auch mit fort. wir kissen Dich und die Nannerl, 1000 Mahl. Der Wolfg: ist eben itzt mit der gräfin spazieren gefahren. wir empf: uns allen und allen x: und bin Dein

alter Mzt

Fußnoten

1 Graf Pallavicini (s. Leopolds Brief vom 27. März).


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 65.
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