85. [an den Vater, Mannheim, 31. Oktober 1777]

[101] 1 bitte auch mit meiner mittelmässigkeit vorlieb zu nehmen. ich bin heute mit h: Danner2 beym M: Canabich3 gewesen. er war ungemein höflich. ich habe ihm etwas auf seinen piano forte gespiellt, (welches sehr gut ist) wir sind miteinander in die Probe gegangen. ich habe geglaubt ich kan das lachen nicht enthalten, wenn man mich den leuten vorgestellet hat. einige, die mich per Renomé gekant haben, waren sehr höflich, und voll achtung. einige aber, die weiter nichts von mir wissen, haben mich gros angesehen, aber auch so gewis lächerlich. sie dencken sich halt, weil ich klein und jung bin, so kann nichts grosses und altes hinter mir stecken; sie werden es aber bald erfahren. Morgen wird mich h: Canabich selbst zum graf savioli4, intendant der Musique, führen. Das beste ist daß iezt just des Churfürsten Nammens-tag kommt. Das oratorium, welches man Probirt, ist vom händl5. ich bin aber nicht blieben. Dann man hat vorher einen Psalm, Magnificat, Probirt, vom hiesigenvize-kapellmeister, Vogler6; und der hat schier eine stund gedaueret. iezt muß ich schliessen, dann ich mus noch meinem baasle schreiben. ich küsse dem Papa die hände, und meine schwesterliche liebste um arme ich kurz und gut, wie es kommt.

***Joannes Chrisostomus **Sigismundus

*Wolfgang gottlieb Mozart7


*heut ist mein Nammens-tag! **so heiss ich mit dem fürm-Namme!

***den 27 jenner ist mein geburts-tag!

an alle bekannte unsere empfehlung; absonderlich an graf leopold Arco, h: bullinger, Mad:elle Chatherl und sämtliche scheis-Compagnie.


[101] à Madelle Rosalie joli.


Ich sag dir tausend danck mein liebste Sallerl,

und trincke dir zur ehr ein ganzes schallerl,

Coffé und dann auch thee, und limonadi,

und tuncke ein, ein stangerl vom Pomadi

und auch – – auweh, auweh, es schlägt iust Sex,

und wers nit glaubt der ist – – der ist – – ein fex.


Die fortsezung folgt nächstens.

Fußnoten

1 Zu Anfang steht ein ausführlicher Brief der Mutter.


2 Christian Danner, Mitglied der Hofkapelle.


3 Christian Cannabich (um 1731–1798), Direktor der Mannheimer Instrumentalmusik.


4 Graf Louis A. von Savioli.


5 Händels Messias.


6 Abt Georg Joseph Vogler (1749–1814), geistlicher Rat und Vizekapellmeister am Mannheimer Hofe.


7 Antwort des Vaters: 6. November.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 1. München/ Leipzig 1914, S. 102.
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