196.

[124] vienne ce 6 d'octobre 1781:


Mon trés cher Pére!


Ich bekamm ihre briefe sonst allzeit Montags, und pflegte Mittwochs darauf zu antworten; aber damals erhielt ich ihr schreiben erst am Mittwoch, und zwar so spätt nachmittags, daß ich ohnmöglich mehr zu schreiben zeit hatte. – sie werden unterdessen die beschreibung von meiner opera Musick erhalten haben. – ich bin gleich den andern tag Nach empfang ihres briefes zu h: v. scharf selbst auf das Postammt gegangen, und mit ihm gesprochen und ihm meineadreße gegeben, damit er mir die Musikalien gleich schicken kann; – denn ich kann mich ohnmöglich entschliessen dem Jungen h: v. Mayer zu gefallen in die Leopoldstadt hinaus spatzieren zu gehen, oder einen zwanziger auszugeben, um zu fahren. – er ist aber noch nicht hier. – und h: v: scharf weis auch gar nichts von der – dermaligen so nahen ankunft seines schwiegervatters. es hat geheissen der Erzbischof soll dieses Monat (und zwar mit einer grossen suite) hier eintreffen. Nun will man es aber wieder beneinen. wegen dem Ceccarelli glaube ich wohl daß er wirdDecrettirt werden, denn, um das geld wüsste ich ihm wirklich keinen bessern Castraten. sie werden vieleicht schon wissen was den Nach Strasburg Reisenden Alumnis1 bey ihrer dortigen ankunft begegnet ist. – Man hat sie halt bey den thor nicht hinein lassen wollen, weil sie wie bettelbuben und zwar wie spitzbuben ausgesehen haben. – h: v: Auerhammer hat mir gesagt, daß es ihm der vetter von demjenigen an dem sie addreßirt waren, erzählt habe, und zwar mit dem zusatz; – daß er ihnen gesagt habe. – Ja, meine lieben Herrn, sie müssen izt schon 4 oder 5 täge bey mir zu hause bleiben, daß ich sie vorher kleiden kann; – denn so können sie nicht ausgehen, ohne daß sie sich in gefahr setzen, daß ihnen die buben auf der Strasse nachlaufen und sie mit koth werfen. – schöne Ehre für seine Hochfürstlich Gnaden. [125] – Nun muß ich ihnen ex Commißione eine frage thun, nemlich wie sie mir angegeben worden. – wer eigentlich die grasen von klessheim waren? – und wo sie hingekommen? – Der schmidt (der arme, verunglückte adorateur von der baase) der nun in der trattnerisch Buchhandlung ist – hat mich sehr dringend gebeten ihm darüber auskunft zu verschaffen.

Nun verliere ich aber bald die Gedult, daß ich nichts weiter an der opera schreiben kann. – ich schreibe freylich unterdessen andere sachen – Jedoch – die Paßion ist einmal da – und zu was ich sonsten 14 täge bräuchte würde ich nun 4 täge brauchen. – ich habe die aria ex A von adamberger, die von der Cavallieri ex B, und das terzett in einem tageComponirt – und in anderthalb tägen geschrieben. – es würde aber auch freylich nichts nützen wenn auch die ganze opera schon fertig wäre – denn sie müsste doch liegen bleiben bis dem gluck seine 2 opern zu stande gekommen sind – und da haben sie noch ehrlich daran zu studiren. – Der umlauf muß auch mit seiner fertigen opera2 warten, die er in einem Jahre geschrieben hat; – sie därfen aber nicht glauben, daß sie deswegen gut ist (unter uns gesagt) weil er ein ganzes Jahr dazu gebraucht hat – diese opera (aber unter uns) hätte ich immer für eine arbeit von 14 bis 15 tägen gehalten. – besonders da der Mann so vielle opern muß au swendig gelernt haben! – und da hat er sich Ja nichts als niedersetzen därfen – und – er hat es gewis so gemacht – man hört es Ja! – sie müssen wissen daß er mich auf (c'est à dire auf seine art) auf die höflichste art zu sich invitirt hat; damit er mir seineopera darf hören lassen – mit dem zusatz; – sie därfen nicht glauben daß es der Mühe werth seye daß sie es hören – ich bin nicht so weit – ich mache es halt so gut ich kann – ich habe nach der hand gehört, daß er gesagt habe. – Das ist gewis, der Mozart hat den teufel im kopf, im leib und in fingern – er hat mir meineopera gespielt, (die so miserable geschrieben ist, daß ich sie selbst fast nicht lesen kann) als wenn er sie selbst Componirt hätte. [126] Nun adieu ich hoffe meine liebe schwester, welche ich vom herzen umarme, wird sich nach und nach erhollen. – und sie mein lieber vatter – nehmen sie wagenschmier in ein Papierle eingewicklt, und tragen sie es auf der brust – und nehmen sie auch das kayserbeinl von einem kalbschlegel und für einen kreutzer schwindlwurzel in einen Papier und tragen sie es bey sich im sack. – Ich hoffe daß es ihnen gewis helfen wird. – leben sie wohl, ich küsse ihnen 1000 mal die hände, und bin Ewig Dero

gehorsamster Sohn

W: A: Mozart

Fußnoten

1 S. den Brief des Vaters vom 11. Dezember 1780.


2 Wohl das Singspiel: »Welches ist die beste Nation?«, 1782 zum ersten Male gespielt.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 124-127.
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