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[185] Wienn den 11 September 1782


Mon trés cher Père!


Ich danke ihnen verbindlichst für die mir geschickten zungen – Ich habe 2 der fr: Baroñin gegeben, und die andern 2 für mich behalten, und morgen wollen wir sie verkosten; – haben sie die güte mir zu schreiben wie sie es mit der bezahlung dafür gehalten haben wollen. – wenn sie mir auch schwarzreuter zuwege bringen können, so machen sie mir in der that sehr viel vergnügen. – Die Jüdin Escules1 wird freylich ein sehr gutes und nützliches instrument zur freundschafts-trennung zwischen dem kayser und Russischen hofe gewesen seyn – denn sie ist wirklich vorgestern nach berlin geführt worden, um dem könig das vergnügen ihrer gegenwart zu schenken; – die ist also eine haupt-Sau – denn sie war auch die einzige ursache an dem unglück des günthers2 – wenn das ein unglück ist, 2 Monath [185] in einem schönen zimmer (nebst beybehaltung aller seiner bücher, seinen forte piano E:) arrest zu haben, seinen vorigen Posto zu verlieren, dann aber in einem andern mit 1200 fl. gehalt angestellt zu werden; denn er ist gestern nach hermannstadt abgereiset. – doch – solch eine sache thut einem Ehrlichen Manne immer wehe, und nichts in der Welt kann so was ersetzen. – Nur sollen sie daraus ersehen, daß er nicht so ein sehr grosses verbrechen gethan hat. – sein ganzes verbrechen ist –Etourderie – leichtsinnigkeit – folglich – zu wenig scharfe verschwiegenheit – welches freylich ein grosser fehler bey einer Cabinets-Persoñ ist. – obwohlen er nichts von Wichtigkeit Jemand anvertrauet, so haben doch seine feinde, wovon der Erste (der gewesene Stadthalter gr: v: herber-Stein) ist, es so gut und sein anzustellen gewust, daß der kayser welcher so ein starkes vertrauen zu ihm gehabt hat, daß er Stundenweise mit ihm arm in arm im zimmer auf und ab gegangen, ein desto stärkeres Mistrauen in ihn bekamm. – zu diesem allen kam die Sau Escules (eine gewesene amantin vom günther) und beschuldigte ihn auf das Stärkste – bey der untersuchung der sache kamme es aber sehr einfältig für die herrn heraus – der grosse lärm von der Sache war schon gemacht – die grossen hl. wollen niemals unrecht haben – und mithin war also das schicksaal des armen günthers, den ich vom herzen bedauere, weil er ein sehr guter freund von mir war, und (wenn es beym alten geblieben wäre) mir gut dienste beym kayser hätte thun können. – stellen sie sich vor wie fremd und unerwartet es mir war, und wie nahe es mir gieng. Stephani –Adamberger – und ich waren abends bey ihm beym Soupe und den andern tag wurde er in arest genommen. – Nun muß ich schliessen denn die Post möchte mir davon lauffen. Mein liebes Weib ud ich küssen ihn: 1000 mal die hände ud umarmen unsere liebe schwester vom herzen und sind Ewig Dero

gehorsamste kinder

konstanze und Mozart


Meine frau geht in das

91t Jahr:

Fußnoten

1 Das Bankhaus Eskeles leistete Kaiser Joseph II. wichtige Dienste.


2 Friedrich Günther, Bassist an der Wiener deutschen Oper.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 185-186.
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