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[193] Wienn den 12ten october 1782


Mon très cher Père!


Wenn ich hätte vorsehen können, daß die copisten in Salzburg so viel zu thun haben; so würde ich mich doch entschlossen haben die opera hier copiren zu lassen. – Nun muß ich halt zum hl: gesandten gehen, und ihm die wahre ursache entdecken; – doch bitte ich sie ihr möglichstes zu thun daß ich sie bald erhalte. wie eher, Je lieber; Sie glauben, ich würde von keinem Copisten in Wieñ sie in so kurzer zeit erhalten; und ich wollte sie doch vom theatral Copisten in zeit von 8 tägen oder längstens 10 tägen bekommen. – daß gatti1, der Esel, den Erzbischof gebetten eine Serenade schreiben zu därfen – macht ihn schon würdig diesen Namen tragen zu därfen; und mich vermuthen, daß er auch auf seine gelehrsamkeit in der Musick anzuwenden wäre. –

[193] Sie schreiben, daß 400 fl: Jährich gewisses geld nicht zu verrachten seye; – wenn ich neben bey mich gut hinauf arbeiten kann, und folglich diese 400fl: als eine beyhülfe ansehe, so ist esganz gewis; doch isthier leider dieserfall nicht. hier ist mein bestes Einkommen – 400 fl: – alles was ich sonst verdienen kann, muß ich als eine beyhilfe ansehen, und zwar als eine sehr unsichere – und folglich sehr geringe beyhilfe; weil sie leicht vermuthen können, daß man mit einer solchen schüllerin wie eine Prinzessin ist nicht so verfahren kann, wie mit einer andern Dame – wenn es so einer Prinzessin eben nicht gelegen ist – so hat man die Ehre zu warten. – sie logirt bey den Selesianerinen auf der wieden. – will man nicht zu fusse gehen, so hat man wenigstens die Ehre einen 20ger hin und her zu bezahlen. Da bleiben mir von meiner besoldung noch 304 fl: übrig. NB: wenn ich die woche nur 3mal lection gebe. – muß ich also warten – so versäume ich unterdessen meine andern scolaren oder andere geschäfte (womit ich mir leicht mehr als 400 fl: verdienen kann.) will ich herein – so muß ich dopelt mein geld verfahren, weil ich wieder hinaus muß. – bleib ich daraus – und ist es, wie ohne zweifel vor-Mittag, kömmt die Mittags-zeit – so kann ich auch die Ehre haben in einem Wirths-hause schlecht und theuer zu Essen. – kann durch das versaumen anderer lectionen – sie gar verlieren – da Jeder sein geld für so gut hällt, als der Prinzessin ihres. – und verliere auch dabey die zeit und die laune mir mit der Composition desto mehr zu verdienen. – Einem grossen Herrn zu dienen (das Amt mag seyn was es für eins wolle), gehört eine bezahlung dazu – durch welche man im Stande ist seinem herrn allein zu dienen – und nicht nöthig hat sich vor mangel durch nebenverdienste zu sichern; – vor mangel muß schon gesorgt seyn; – glauben sie nur nicht daß ich so dumm seyn werde Jemanden das zu sagen, was ich ihnen schreibe; – aber glauben sie auch sicher daß der kmfolr2 seine schmutzigkeit selbst fühlt – und nur aus dieser ursache mich umgangen hat; – hätte ich angehalten – ich wäre es gewis; aber nicht mit 400 fl: – aber auch nicht mit so viel als es billig wäre. – Ich suche aber keine scolaren – ich kann [194] ihrer genug haben; – und ihrer zwey – ohne mir die geringste ungelegenheit oder verhindernüss zu machen, geben mir so viel als – die Prinzessin ihrem Meister, der dann keine andere aussicht dabey hat, als daß er sein lebtage nicht verhungern wird; sie wissen wohl wie gemeiniglich dienste von grossen herrn belohnt werden. – Nun muß ich schlüssen, denn die Post geht ab. wir küssen ihnen 1000mal die hände, und unsere liebe schwester umarmen wir vom herzen ud sind Ewig dero

gehorsamste kinder

W: Et C: Mozart


Nächstens mehr.

Fußnoten

1 S. den Brief des Vaters vom 11. Juni 1278.


2 Auflösung der Chiffren: kaiser

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 193-195.
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