154.

[20] Munic ce 5 de Decembre 1780.


Mon trés cher Pére!


Der todfall der kayserin1 thut meiner opera im geringsten nichts – denn, es ist gar kein theater eingestellt, die Comödien gehen fort wie sonst – und die ganze trauer wird nicht mehr als 6 Wochen dauern – und die opera gehet vor dem 20: Jenner nicht inszena. – izt bitte ich sie mein schwarzes kleid rechtschaffen ausbürsten, ausklopfen, und auf das möglichste gut her-richten zu lassen, und mir selbes mit dem nächsten Postwagen zu schicken. – denn, künftige Woche zieht schon alles die trauer an – und ich, der bald dort und da hin kömmt, muß auch mit weinen. – – in ihren lezten brief finde ich kein Wort von einem gewissen h: Sieger der mit dem lezten Postwagen nach Salzburg gereiset ist – vielweniger von einem briefe den ich ihm an sie mitgegeben – ich hatte damals eben den Cathar daß ich 2 täge zuhause geblieben bin – sieger konnte geschäfte halber nicht mehr zu mir kommen – der brief lag fertig – ich, der nicht im sinn hatte auszugehen, war nicht angezogen – mithin schickte ich den Brief auf die Post, wo der Wagen abfährt, mit einen Billet wo der Name sieger darauf stund – und wenn einer unter den mitreisenden kömmt welcher so heist, soll man ihn diesen brief geben. – ich bin also der Meynung, daß dieser Mann, (welcher mehr adreßen nach salzbourg hat) noch vielleicht die gelegenheit nicht gefunden hat zu ihnen zu kommen – welches mir aber leid thut, weil ich ihnen in diesen Brief um etwas Preßantes für dieopera gebetten haben – nemlich mir eine trompetten sordine – deren wir in Wienn haben machen lassen – und eine nemliche für Waldhorn – welche bey den thurnern zu finden sind – zu überschicken – denn ich brauche sie zu dem Marche im 2ten Ackt – aber bald – Dann habe ich auch wegen der ultima aria von Raaff geschrieben, da wir beyde noch etwas angenehmers, und [21] in Worten süssers zu haben wünschten – das era ist gezwungen – der anfang wäre gut – gelida massa – ist wieder hart. – mit einem Worte, ausgesuchte, oder ungewöhnliche Wörter sind in einer angenehmen aria allzeit unschicklich. –

und dann möchte ich daß die aria nur Ruhe und zufriedenheit anzeigte – und hätte sie nur einen theil – wäre es auch recht, Ja mir fast lieber. – Dann habe ich auch geschrieben wegen Panzacchi – dem Ehrlichen, alten Mann muß man doch auch etwas zu guten thun. – Dieser möchte nur um etwa ein paar Verse sein Recitativ im 3t Ackt verlängert haben – welches wegen dem Chiaro e scuro und weil er ein guter acteur ist, von guter wirckung seyn wird. – zum beyspielt nach der strophe: sei la città del pianto, e questa Reggia quella del Duol. – einen kleinen schimmer von Hofnung – und dan! – ich unsinniger! – wohin verleitet mich mein schmerz! – ah Creta tutta io vedo Etc: – wegen diesen sachen darf Ja abbate Varesco den ackt nicht wieder frisch abschreiben – das kann man Ja leicht hinein schreiben – Dann – hab ich auch geschrieben daß mir – (und auch andern) die unterirdische Rede, um daß sie Effect macht – zu lang scheint – überlegen sie es – Nun muß ich schliessen, weil ich entsezlich viel zu schreiben habe – Baron Lehrbach habe ich nicht gesehen2 – weis auch nicht ob er noch hier ist, oder nicht – ich habe nicht zeit herumzulaufen – ich kann es leicht nicht wissen daß er hier ist – er weis es aberPositiv daß ich hier bin – wäre ich ein Mädchen wär er gewiß schon bey mir gewesen – wegen der lieben, Jungen, schönen geschickten, vernünftigen frl. Louise Lodron ist mir sehr leid daß sie einem solchen Wanst zu theile wird – sie wird wohl vermuthlich den anfang des zweyten theils von den Menuett


154. an den Vater, München, 5. Dezember 1780

den ich vom Bach gelernt, mit ihm wacker spiellen – denn – zu dem [22] ausgang wird er wohl nicht viel Nutz seyn – wenigstens sehr unbequem. – Der Pepperl Lodron meine Empfehlung und ich lasse von herzenCondoliren daß ihr ihre schwester den guten bissen weg geschnapt hat. – Nun adieu – von hier von allen – 1000 Compliment – an alle gute freund und freundinen meine Empfehlung. Den augenblick erhalte ihr schreiben von 4t dezember – Das küssen müssen sie sich schon ein wenig angewöhnen – üben sie sich nur unterdessen immer mit der Maresquelle – denn – hier werden sie so oft sie zur Dorothea Wendling kommen (wo alles noch halb französischer fuß ist) Mutter und tochter Embrassiren müssen – aberNB: auf das kinn – damit der schminck nicht blau wird – Nächstens mehr – Adieu – ich küsse 1000 mal ihre hände, und meine schwester umarme ich von herzen, und bin Ewig Dero

gehorsamster sohn

Wolfg. Amadé Mozart3


P.S. Nicht vergessen wegen mein schwarzen kleid – ich muß es haben, sonst werde ich ausgelacht – und das wird man doch nicht gern –

Fußnoten

1 Maria Theresia (gest. 29. November).


2 S. hierzu, wie auch für das Folgende, den Brief des Vaters vom 2. Dezember.


3 Antwort des Vaters: 9. Dezember.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 20-23.
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