172.

[67] vienne ce 12 de May

1781


Mon très cher Père!


Sie wissen aus meinem letzten schreiben daß ich den fürsten um meine Entlassung gebeten habe – weil er mir es selbst geheissen hat.[67] – denn, schon in den 2 Ersteren audienzen sagte er mir; scherr er sich weiter, wenn er mir nicht recht dienen will; er wird es freylich läugnen, aber deswegen ist es doch so wahr als gott im Himmel ist. – was wunder denn, wenn ich es Endlich, (durch Bube, schurke, Pursche, liederlicher kerl, und dergleichen mehr im Munde eines fürsten rühmliche Aus-drücke ganz ausser mir) das scherr er sich weiter, endlich für bekannt angenommen habe. – Ich gab den folgenden tag dem graf Arco1 eine Bittschrift um Sie S: H: gnaden zu überreichen; und auch wieder das Reisegeld, welches in 15 fl: 40 x: als das Diligence geld, und 2 Duckaten verzehrungsgeld, besteht. – Er nam mir beydes nicht an; sondern versicherte mich daß ich gar nicht Quittiren könnte, ohne ihre Einwilligung zu haben mein vatter. – das ist ihre schuldigkeit sagte er mir; – Ich versicherte ihn gleichfalls daß ich so gut als er und vielleicht besser meine schuldigkeit gegen meinen vatter kenne – und es wäre mir sehr leid wenn ich sie erst von ihm lernen müsste. – gut also, sagte er; ist er damit zufrieden, so können sie ihre entlassung begehren, wo nicht, so – können sie sie – auch begehren. – eine schöne Distinction! – alles was mir der Erzbischof in den drey audienzen erbauliches sagte, besonders in der letzten – und was mir izt wieder dieser herrliche Mann gottes Neues erzehlte, machte eine so trefliche wirkung auf meinen körper daß ich abends in der opera mitten im Ersten ackte nach hause gehen musste, um mich zu legen, – dann ich war ganz erhitzt – zitterte am ganzen leibe – und taumelte wie ein besoffener auf der gasse – blieb auch den folgenden tag als gestern, zu hause – deñ ganzen vormittag aber im Bett. weil ich dastamarinden wasser genommen. –

Der hl: graf hatte auch die gewogenheit sehr viel schönes an seinen hl: vatter2 von mir zu schreiben, welches sie vermuthlich schon werden haben einschlucken müssen; – es werden freylich einige fabelhafte stellen darin seyn – doch wenn man eine Comödie schreibt, so muß man, wenn man beyfall erhalten will, etwas urtriren, und [68] nicht so genau der wahrheit der Sache treu bleiben. – und, sie müssen auch der Dienstfertigkeit dieser Herrn etwas zu gute halten. –

Ich will nur, ohne mich zu beeifern, denn mir ist meine gesundheit und mein leben lieber – (ist mir leid genug wenn ich dazu gezwungen bin) ich will also nur noch den hauptvorwurf deñ man mir über meine bedienung machte, hersetzen. – Ich wuste nicht daß ich kammerdiener wäre, und das brach mir den hals – ich hätte sollen alle Morgen so ein Paar stunden in der ante Camera verschleudern – man hat mir freylich öfters gesagt, ich sollte mich sehen lassen – ich konnte mich aber niemalen errinern daß dies mein dienst seye, und kamm nur allzeit richtig wenn mich der Erzbischof rufen ließ. –

Nun will ich ihnen nur kurz meinen unbeweglichen Entschluß vertrauen, so aber daß es die ganze weite Welt hören mag; – wenn ich beym Erzbischof v: Salzburg 2000 fl. gehalt bekommen kann, und in einem andern ort nur 1000 – so gehe ich doch in das andere ort. – denn für die andern 1000 fl. genüsse ich meine gesundheit und zufriedenheit des gemüths. – ich hoffe also bey aller vätterlichen liebe die sie mir von kindheit auf im so hohen Grade erwiesen haben, und wofür ich ihnen zeit lebens nicht genug dankbar seyn kann (am allerwenigsten aber in Salzburg) daß, wenn sie ihren Sohn gesund und vergnügt haben wollen, mir – von dieser ganzen Sache gar nichts zu schreiben, und sie ganz in die tiefeste vergessenheit zu vergraben – denn, ein Wort davon wäre schon genug um mir wieder Neuerdings, und ihnen selbst – gestehen sie es nur – ihnen selbst – galle zu machen.

Nun leben sie recht wohl, und freuen sie sich daß sie keinen h – fot zum Sohne haben; ich küsse ihnen 1000mal die hände, und meine liebe schwester umarme ich von herzen und bin Ewig Dero

gehorsamst Sohn

Wolfgang Amadè Mozart

Fußnoten

1 Graf Karl Arco.


2 Den Salzburger Oberstkämmerer Grafen Georg A. Felix Arco.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 67-70.
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