184.

[93] vienne ce 4 Jullet: 1781.


Mon trés cher Pére!


An Graf Arko habe nicht geschrieben, und werde auch nicht schreiben, weil sie es zu ihrer Beruhigung also verlangen; – ich hatte mir es schon eingebildet; sie förchten sich zu sehr; und doch haben sie sich gar nicht zu fürchten; denn sie – sie sind so gut als ich beleidiget. – ich verlange nicht daß sie einen lärm machen sollen, oder sich im mindesten beschweren sollen! – allein, der Erzbischof und das ganze gesindl müssen sich förchten von dieser sache mit ihnen zu sprechen, denn sie, mein vatter, können ohne mindeste furcht (wenn man sie dazu bringt) frey sagen, daß sie sich schämen würden einen sohn auferzogen zu haben, welcher von einen solchen infamen hundsfut wie der arco ist sich so gerade zu schimpfen liesse – und sie könnten alle versichern, daß, wenn ich heute das glück haben würde ihn zu treffen, ihm so begegnen würde, wie er es verdieñe, und daß er sich gewis sein lebetag meiner errinnern wird; – Das ist was ich verlange und sonst nichts; daß ihnen Jedermann ansieht daß sie sich nicht zu förchten haben. – stille sein; wenn es aber nothwendig ist, reden – und so reden daß es geredet ist; Der Erzbischof hat unter der hand dem kozeluch1 1000 fl. antragen lassen – dieser hat sich aber bedanken lassen, mit dem Zusatz; daß er hier besser stünde, und wenn er es nicht verbessern könnte, würde er niemalen weg-gehen. zu seinen freunden sagte er aber; – Die affaire mit dem Mozart schreckt mich aber am meisten ab – wenn er so einen Mann von sich lässt, wie würde ers erst mir machen. – Nun sehen sie wie er mich kennt und meine talente schätzt! – Den verschlag mit den kleidern habe richtig erhalten. wenn der Mr Marchal oder der kapitl Sindikus nach Wieñ reiset, so würden sie mir sehr viel vergnügen machen wenn sie mir meine favorit uhr schicken wollten; ich wollte ihnen die ihrige zurück schicken, wenn sie mir auch die kleine schicken[94] wollten; das wäre mirsehr lieb. – wegen den Messen habe ihnen schon letzthin geschrieben. – Die 3 Casazionen brauchte ich gar notwendig – wenn ich nur unterdessen die ex f und B habe – die ex D könnten sie mir mit gelegenheit abschreiben lassen, und nachschicken, denn das Copiaturgeld trägt hier gar zu viel aus; und sie schreiben gar zu unchristlich. Nun muß ich nur noch geschwind vom Marchand2 schreiben, so viel ich weis; – Der kleinere hat, wenn ihn sein vatter bey tisch Corrigirt hat, ein Messer genohmen und gesagt; hier sehen sie, Papa; wenn sie nur ein wort sagen, so schneid ich mir den finger wurz ab, und da haben sie mich als einen krippel und müssen mir zu. fressen geben. – und beyde haben öfters schlecht von ihren vattern bey den leuten gesprochen. sie werden sich wohl der Madelle Boudet erinnern die im hause ist – Nu die sieht der alte gern. – und da sprachen die 2 Buben infam davon. – Dieser Hennerle als er 8 Jahre alt war sagte er zu einem gewissen Mädchen – in ihren Armen würde ich freylich besser schlafen, als wenn ich wach werde, und habe dafür das kopfkiss. – er machte ihr auch eine förmliche liebeserklärung und heyrathsantrage mit dem beysatz; itzt kann ich sie freylich nicht heyrathen, aber wenn mein vatter tod seyn wird, da bekomme ich geld, denn er ist nicht leer, und da wollen wir recht gut zusamm leben. unterdessen wollen wir uns lieben, und ganz unsere liebe genüssen; denn, was sie mir izt erlauben, därfen sie mir hernach nicht erlauben. – ich weis auch daß in Mannheim kein Mensch mehr seine buben hingelassen hat, wo des Marchands seine waren – denn sie sind erwischt worden wie sie sich selbst einander – – geholfen haben. übrigens ist es sehr schade um den Burschen – und sie mein vatter glaube ich werden ihn ganz umwenden können. denn – der vatter und Mutter Comödiant – den ganzen tag hören sie nichts als von liebe, verzweiflung, Mord und Tod reden, und laut lesen; der vatter ist dann noch für sein alter ein wenig zu schwach – mithin ist kein gutes Exempl da. Nun muß ich [95] schliessen sonst kömmt der brief zu spätt zum Peisser. leben sie recht wohl, ich küsse ihnen 1000 mal die hände und bin Ewig Dero

gehorsamster Sohn

Wolfgang Amadè Mozart


P.S. meine Empfehlung an alle

gute freunde, und freundinen.

schreiben sie mir doch einmal die geschichte

wegen der haube von meiner schwester. sie

meldeten einmal etwas davon in einem Briefe.

Adieu.

Fußnoten

1 Leopold Kozeluch (1748–1818), Wien damals angesehener Klavierspieler und Komponist.


2 Der Theaterdirektor Th. Marchand, dessen Sohn Heinrich (Hennerle) bei Leopold Mozart in Salzburg studierte und später ein tüchtiger Violinspieler wurde.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 93-96.
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