VIII.

[870] (Zu Seite 112.)


Beilage zu den Rechnungen der Thomaskirche von Lichtmeß 1747 bis Lichtmeß 1748.


»Zu wißen, daß, nachdem die Orgel in der Thomas-Kirche allhier zeithero durch den vielen Staub und Unrath bey nahe unbrauchbar worden, und, damit sie nicht in weitern Ruin verfalle, an derselben eine nöthige und hinlängliche Reparatur vorgenommen werden soll, zwischen den Königl. Pohln. und ChurFürstl. Sächß. Hochbestallten Geheimbden Kriegs-Rath und Burgermeistern allhier,Tit. Herrn D. Gottfried Langen, als Hochverordneten Vorstehern der Kirche zu St. Thomas, an einem, und H. Johann Scheiben, Orgelmachern allhier, am andern [870] Theile, hierüber nachfolgender Contract wißentlich und wohlbedächtig abgehandelt und geschloßen worden.

Nehmlich:


1.


Verspricht nurgedachter Orgelmacher, Johann Scheibe, alles dasjenige, was durch die im vorigen Jahre gewesene große Sommer-Hitze und sonst an der Orgel in der Thomas-Kirche schadhafft worden, mit Leim und Leder wieder tüchtig zu verwahren, und vollkommen auszubeßern.


2.


Dieweiln auch gedachte Orgel, und vornehmlich die sämtlichen Pfeifen derselben inwendig voller Staub sind, daß dieserwegen die mehresten von denenselben gar nicht mehr ansprechen; Als soll der Orgelmacher Scheibe gehalten seyn, bei dieser Renovation alles auseinander zunehmen und zuzerlegen, hauptsächlich das Pfeiffenwerck durch alle Stimmen, was darzu gehöret, durchgehends nicht allein vom Staube und Unrath zu reinigen und abzuputzen, sondern auch, was daran schadhafft ist, zugleich zu repariren, und alles gehörigen Orts wiederum einzusetzen.


3.


Müßen alle Rohrwercke, als: der Posaunen-Bass, Trompeten-Bass, in dem Rück-Positiv die Trompete und Krumbhorn, desgleichen im Brust-Positive die zwey Register Rohrwercke an Mundstücken und Zungen von Salpeter und Gallmey gereiniget auch so etwas an denselben schadhafft, bestens wieder repariret werden.


4.


Verspricht H. Scheibe alle WindLaden durch das gantze Werck aufzumachen, damit der Staub und Unrath von denen Ventilen kann abgeputzet werden, auch nach diesen alles auf das beste wieder verwahren zu laßen.


5.


Will er auch alle Regier Wercke wieder ergäntzen, wo die Eisen und das Meßing entzwey gegangen ist, ingleichen


6.


Die beiden Manual-Coppeln in tüchtigen brauchbaren Stand setzen.


7.


Verspricht er, alles Pfeiffenwerck aufs neue zu intoniren, und einzustimmen, auch überhaupt die ganze Orgel reine und durchaus zustimmen, alles in eine gute Harmonie und richtige Disposition, auch aequale Intonation [871] zu bringen. Er hat auch die Arbeit bey dieser Renovation so einzurichten, daß bey dem Gottes Dienste iedesmahl einige nothdürfftige Register können gebrauchet werden.


8.


Was endlich nach verfertigter Arbeit bey der Probe und Examinirung des renovirten und reparirten Orgelwercks sich vor Mängel an demselben hervorthun möchten, solche insgesamt verspricht Hr. Scheibe ohne Wiederrede zucorrigiren und sogleich zuverbeßern, ohne weiter etwas, als was accordiret worden, dafür zu fordern. Wie er sich denn hierdurch verbindlich machet, vor die richtige und tüchtige Arbeit an diesem Orgelwercke mit seinem bereitesten Vermögen zu stehen und zu hafften.


9.


Giebet Hr. Scheibe alle zu dieser vorbeschriebenen Arbeit und der durchgängigen Reparatur des Orgelwercks benöthigte Materialien, dergleichen hält er alles Werckzeug, lohnet und bezahlet diejenigen Leute, so er bey dieser Arbeit gebrauchet, verspricht annächst hiermit, binnen untergesetzten dato und nächstfolgende Michael das gantze Werck in vollkommenen und brauchbaren Stand zubringen und also zu übergeben. Dahingegen laßen der Herr Vorsteher, Herr Geheimbde Kriegs Rath und Burgermeister Lange, das nöthige Gerüste vor die Orgel durch die Zimmer-Leuthe aufrichten und verfertigen, damit man währender Reparirung und Renovirung, das Pfeiffenwerck darauf legen, auch ohne Schaden dem Wercke beykommen könne, nach vollbrachter Arbeit soll auch durch die Zimmer Leuthe das Gerüste weg genommen werden.

Für alles und jedes, wie es in diesem Contracte specificiret worden, geben der Herr Vorsteher der Thomas-Kirche dem Orgelmacher Scheiben überhaupt


Zwey Hundert Thaler


welche demselben aus denen Mitteln der Kirche nach und nach gegen Quittung bezahlet werden sollen.

Gleichwie nun vorstehend alles beyderseits Contrahenten ernster, wohlbedachter Will und Meynung ist; Als versprechen sie solchen in allen Puncten getreulich nachzukommen; Es ist auch zu desto mehrern Festhaltung dieser Contract in duplo zu Pappier gebracht, und von beyden Theilen eigenhändig unterschrieben und besiegelt worden. So geschehen Leipzig, den 28. Jun. 1747.«


Nur Langes Contract ist untersiegelt und trägt außerdem das Datum des 23. Juni. Die Rathsverordnung zur Ausführung der Reparatur erging am 26. Juni. Scheibe erhielt die Bezahlung in sechs Raten; die letzte am 4. Nov. 1747.

Quelle:
Spitta, Philipp: Johann Sebastian Bach. Band 2, Leipzig: Breitkopf & Härtel 1880., S. 870-872.
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