V. Das Vermögen Karls von Beethoven.

Ein Auszug aus dem »Inventar, aufgenommen über die Hinterlassenschaft des verstorbenen C. v. Beethoven«, mitgeteilt von Herrn Dr. August Schmidt, lautet so:


»An Baarschaft–keine

– Besoldungsrückstand–keine

– Capitalien–keine

– Realitäten: Das Haus, welches laut Inventar-Schätzung auf 16400 fl. geschätzt wurde, daher auf jeden Theil der beiden Universal-Erben, Johanna und Carl v. B. 8200 fl. entfallen.

– Präciosen, eine silberne Uhr–25 fl.

– Kleidung und Wäsche–100 fl.

– Bücher–70 fl.

195 fl.


Die vorgefundenen Effecten nach Heurathsbrief Eigenthum der Frau

an Dienst Caution des Verstorbenen – 2209 fl.

in 2 1/2% Obligationen.

Auf dem Hause hafteten:

Heißmann mit 5000f.

rückständige Interessen 107f. 38 kr. u.s.w.

Es erwies sich nach von der Wittwe überreichtem Ausweise

ein Passivstand von––8534 fl.

der den Activstand von––8395 fl.

überstieg, daher das Heurathsgut der Wittwe sine credito eingeantwortet wurde.«


Die Inventarschätzung »des dem Karl v. Beethoven gehörigen Hauses, No. 121 in der Alservorstadt zunächst der Hernalserlinie«, vom 22. April 1815, beschreibt dasselbe (abgekürzt) im wesentlichen so:


»Ein kleiner gemauerter und gewölbter Keller; ein Garten von mittirrer Größe, mit verschiedenen Obstbäumen, und ein kleines Glashaus; ein mittlerer Hof; ebener Erde zwei Wohnungen, rückwärts gegen die Adlergasse, [633] bestehend aus zwei Küchen und zwei Zimmern, die übrigen Wohnungen im vorderen Gebäude gegen die Adlergasse [? Hauptstraße] bestehen in neun Zimmern, vier Kammern, 7 Küchen. Es sind drei Stiegen bis ersten Stock – zwei von Holz, und eine von Stein.

Im ersten Stock, ein Vorhaus, 5 Zimmer, 5 Kammern, 3 Küchen, eine Stiege auf den Boden von Stein, allda 2 Bodenzimmer.«


Dies war also eins jener niedrigen, aber geräumigen Häuser, wie sie früher in den Wiener Vorstädten so häufig waren und es vielleicht noch sind, welche in eine möglichst große Zahl kleiner Wohnungen (in diesem Falle 12) geteilt sind und einen Betrag an Mietzins einbringen, der außer allem Verhältnisse zu dem Werte des Besitztums steht.

Die früher (Bd. II, S. 310) über dieses Haus gemachte Bemerkung scheint uns jetzt auf unrichtigem Berichte beruht zu haben; denn da die Versuche mehrerer Männer, insbesondere von Dr. Mitschke und Dr. Schmidt, das Grundbuch aufzufinden, worin der Verkauf eingetragen war, erfolglos geblieben sind, so ist es bisher noch zweifelhaft, wie und wann dasselbe Eigentum Karl van Beethovens wurde. Sicher ist, daß er in demselben nur wenige Monate gewohnt hat; denn in dem Staatsschematismus von 1812 wird seine Wohnung noch als im Eckhause der Rauhenstein- und Ballgasse befindlich angegeben; 1813 Lichtenstieg 166; 1814 ebendaselbst 556. Das letzte »Verzeichniß der.. numerirten Häuser, derselben Eigenthümer... nebst der Benennung des Grundbuchs u.s.w.« in unserem Besitze ist das von 1805. In diesem sind (S. 194) die Nummern 116–119 an der Hernalserlinie die »Mauth«, Häuser; dann lesen wir: »Hauptstraße. 120 Gertr. Edle v. Tannenberg. Sch(ild) 3 Laufer. 120 bis 122 Domk. – 121, 122 Ebendieselbe.« Dieses »Domk.« wird S. 244, 45 erklärt und angegeben, daß das betreffende »Grundbuch« das des »Domkapitels der hohen Metropolitankirche bei St. Stephan« war. »Dieses Grundbuch«, heißt es S. 240, »ist in der Wollzeile im Zwettlehof 919 zu ebener Erde.« Ein neugieriger Sucher wird dasselbe vielleicht nach diesen Winken entdecken, und so die Zeit bestimmen können, wann Nr. 121 aus dem Besitze von Gertr. Edlen von Tannenberg in den von Karl van Beethoven überging.

Seine Witwe, welche im Ausgeben von Geld über die Maßen sorglos und verschwenderisch war, vermehrte im Laufe von zwei Jahren nach dem Tode ihres Gatten die auf dem Hause ruhenden Verpflichtungen bis zu einem Betrage, welcher seinen veranschlagten Wert noch überstieg; so [634] daß Beethoven Ende 1817 schreiben konnte: »Schulden von ihr und meinem Bruder auf dem Hause – Summa 16.852 fl. 20 kr.« Außerdem schreibt er:


»Das Haus der Mutter K. wurde um 16400 fl. geschätzt, also den vierten Theil für Karl. Das Haus der Mutter K. trägt 1930 fl. Zins jährlich ohne Inbegriff der Wohnung der Wittwe, des Gartens, diese beiden letzten sammt Keller können füglich jährlich auf 600 fl. beim Haus angenommen werden, die Mutter hat ebenfalls den Fruchtgenuß der obigen 1000 fl., welche Karl gehören. – – alsdann die Hälfte der Pension.«


Diese »obigen 1000 fl.« bezeichneten möglicherweise die Differenz zwischen dem »Aktivstand« in dem vorher gegebenen Hinterlassenschaftsinventar, und den 7000 fl., die in der folgenden Notiz erwähnt werden, welche in dem sogenannten »Tagebuche« im Fischhoffschen Manuskript der vorher angeführten vorhergeht:


»Der Johanna Beethoven ihr Sohn Karl ist Universalerbe, da die beiden Hamatschen Schuldscheine oder Sätze von 7009 fl. gehören gänzlich aus der Disposition des Großvaters meinem Neffen Karl zu und liegen auf dem Hause der Mutter – – diese jedoch den lebenslänglichen Fruchtgenuß hat.«


Die jährlichen Zinsen der Schulden betrugen Ende 1817 bei 5% (wobei die 20 kr. wegbleiben) 843 fl. Wird diese Summe von den Mietzinsen abgezogen, so bleibt ein Überschuß von 1087 fl. Fügt man die Witwenpension von 333 fl. 20 kr. und die Zinsen der Dienstkaution des Verstorbenen hinzu, so ergibt sich für Mutter und Sohn ein Einkommen von wenigstens 1500 fl. jährlich. Zur Zeit des Todes ihres Gatten war dieses Einkommen um den Betrag der gegenwärtigen Zinsen des Zuwachses der Schuld größer.

Die Angelegenheit mit Johann Hamatsch in Prag ist sehr dunkel; außer jener vorherigen Erwähnung und der in dem S. 579 mitzuteilten Briefe an Kanka (Ende 1816) spricht ein Bericht des Magistrats in den »Vormundschafts-Dokumenten« von derselben als von einer Forderung »aus der großmütterlichen Verlassenschaft«, »welche zu Retz abgehandelt wird – ein Erbtheil, dessen Betrag noch nicht [1819] ausgemittelt ist, und welcher beiläufig 10–12000 fl. betragen dürfte, wovon jedoch der Wittwe der lebenslängliche Fruchtgenuß gebührt«

Es ist unbekannt, welches Resultat dieser Prozeß gehabt hat.

Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 3, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1911., S. 633-636.
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