54. An Ferdinand Hiller.

[400] Ohne Datum (Gegen Mitte 1847.)


Lieber Hiller,


Zu unserer Betrübniß bist Du so rasch von hier fort, daß wir Dir nicht einmal ein Lebewohl noch sagen konnten. Nun will ich es Dir wenigstens nachsenden. Gewiß wirst Du nach dem Bade ganz gesund und kräftig wieder zurückkommen. Daß Du so allein gereist, beunruhigt uns wie alle Deine Freunde; indeß zeugt es auch wieder von gutem Selbstvertrauen, und das bleibt doch der beste Arzt.

Uns geht es auch nicht zum Besten. Klara ist noch sehr angegriffen, und auch ich oft. Vielleicht daß uns die kleine Reise, die wir vorhaben, wieder Frische und Heiterkeit bringt.

Mit dem Text zur Oper geht es langsam, aber doch vorwärts. Ein guter freundlicher Mensch, unser R., aber schrecklich sentimental. Und gerade bei unserm Stoff hat er so ein außerordentlich kräftiges Vorbild in Hebbel (daß es die Genoveva, die wir gewählt, weißest Du wohl schon?) Im Uebrigen bin ich glücklich über den schönen Stoff, und denke, daß er auch Deinen Beifall hat.

Sonst habe ich ein Trio in der letzten Zeit fertig gemacht, an dem mir Vieles sehr gefällt. Du sollst es, wenn Du wieder da bist, mit einem früheren, was ich vor einigen Jahren componirt, zusammen hören, auch das von meiner Klara.

Geschieht hier etwas in Sachen Deiner Oper, was Dich interessiren könnte, so schreib ich es Dir. Mache nur, daß Du bald selbst bei den Proben sein kannst, und schreib' uns auch einmal, wenn es Dich nicht anstrengt.

Klara will noch ein paar Zeilen schreiben, drum nimm nur meine herzlichen Wünsche und Grüße noch, auch Dank für Deine freundliche Theilnahme in der letztvergangenen Zeit.

Dein

ergebener

R. Sch.[400]


Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 400-401.
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