6. An Josef Fischhof in Wien.

[335] Zwickau in Sachsen, am 14. Dec. 1834.


Hochgeehrter Herr,


Unser Ludwig Schunke ist gestorben, ich will es besser nennen, leise hingeschwunden. Sie, von dem er so oft und so freundschaftlich sprach, glaub' ich davon benachrichtigen zu müssen. Wenn ich weiter nichts über diesen Verlust für die Kunst und für die Welt sage, so wird es der Freund des verklärten Jünglings dem jüngeren nicht verübeln. Sollten Sie in mir, dem Zurückgebliebenen etwas zu finden hoffen, was Sie für jenen entschädigte, so reich' ich Ihnen zuerst die Hand zum Bündniß, welches unser Geschiedener angeknüpft und geheiligt hat.

Meine erste Bitte ist diese. Ich möchte unserm Ludwig ein Denkmal in unserer Zeitschrift setzen, und wenn mir das Herz brechen sollte, ich will es thun, so ich's vermag seiner nicht unwürdig. Wollten Sie mir vielleicht Alles, was Ihnen aus seinem Leben bekannt, namentlich von seinem Aufenthalt in Wien bei Hofrath S. bekannt ist, so schnell wie möglich mittheilen?

Sodann, was ich wohl kaum zu erwähnen brauche, ersuch ich Sie um eine Todesanzeige im Haslinger'schen Anzeiger. Er starb am 7. December. Unter seinen nachgelassenen Werken befindet sich ein vortreffliches Clavierconcert und (seine letzte Arbeit) zwölf Walzer, in denen trotz der Lebensfrische so eine leise Todesahnung durchschwebt.

Ich beginne unsern Bund mit Bitten und bin unbescheiden genug, dem vorigen eine dritte hinzuzufügen. Sie möchten nämlich das junge Werk, unsre Zeitschrift, welches unser Freund so freudig und feurig[335] mit aufbaute, auch fernerhin Ihrer Unterstützung werth halten. Ich habe Ursachen, die ich Ihnen später mittheilen will, Sie im Augenblick dringend um Correspondenzen oder Aufsätze zu bitten. Wir hätten keinen liederlicheren Verleger wählen können. Wenn nicht zu Weihnachten, so geschieht jedenfalls zu Ostern 1835 eine Veränderung der Verlagsnahme. Es sind genug Beschwerden da, die uns Grund geben, Hartmann die Zeitung wegzunehmen. Er wird sich sträuben und die Sache kann verwickelt werden. Einstweilen darf aber die Zeitschrift nicht stocken, die sich so großer Theilnahme erfreut. Ich meinestheils bürge Ihnen für sichere Auszahlung des Honorars für Ihre künftigen Arbeiten, und hoffe, Ihnen nächstens die besten Bedingungen stellen zu können. Alle Beiträge haben Sie die Güte, unter meiner Specialadresse, Quergasse, Mlle. Dumas Nr. 1246, nach Leipzig zu senden. Sehr verbinden würden Sie die Redaction, wenn Sie ihr noch etliche Mitarbeiter, denen die Tendenz der Zeitschrift nicht fremd sein dürfte, namhaft machen wollten. Auch Seyfried hat Beiträge versprochen, Kiesewetter jedoch abgesagt.

Wird der Haslinger'sche Anzeiger fortbestehen? Als Miniaturblatt ziehe ich ihn allen andern vor. Kennen Sie meinen gütigen Recensenten, Nr. 76? Das macht Luft zur Arbeit und freudige Ideen. Nächstens sende ich zwei Hefte Intermezzi, eine Toccata und ein Allegro zur Beurtheilung ein. Können Sie dazu beitragen, daß eine Besprechung bald stattfinden könne, so nehmen Sie im Voraus meinen großen Dank. Ohne Aufmunterung keine Kunst. Auf den beliebten einsamen Inseln in einem stillen Ocean würden ein Mozart, ein Raphael Landbauern geblieben sein.

Ihre Entschuldigung für meine Hiroglyphen. Ich warte sehnlichst auf Antwort.

Robert Schumann.


Seit Ihrer letzten Sendung im Anfang October haben wir nichts erhalten. Hat vielleicht Hartmann irgend einen Ihrer Briefe zurückgehalten oder gar zurückgeschickt, so melden Sie es mir im Augenblick.

Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 335-336.
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