90. An Debrois v. Bruyck.

[437] Düsseldorf, den 18. Nov. 1853.


Geehrter Herr,


Sie erhalten hier etwas beigeschlossen, das Sie als Zeichen meiner Theilnahme an Ihrem Kunststreben in Wort und Ton betrachten mögen. Sie haben gewissermaßen auch Schuld an der Composition des »Haideknaben«, denn ohne die Ihrige wäre sie mir vielleicht als musikalisch behandlungsfähig entgangen.

Das andere Exemplar wollen Sie Dr. Hebbel in meinem Namen mit vielen Grüßen übergeben.

Es ist vielleicht bald eine Zeit nahe, wo wir uns persönlich näher kommen werden. Wir wollen uns den übernächsten Winter (von 54 zu 55) frei machen und gedenken auch eine Zeit lang in Wien zu bleiben. Die kleinstädtischen Verhältnisse sagen uns nicht mehr zu; es wiederholt sich Alles wie im Kreise; auch sind die Mittel und Kräfte immer dieselben. Da wollen wir uns denn befreien und[437] einmal andere Luft einathmen. Liegt auch noch ein ziemlicher Zeitraum dazwischen, so wollte ich Ihnen doch auch unser Vorhaben nicht verschweigen, natürlich mit der Bitte, erst, wenn es sich fest entschieden hat, davon gegen Dritte zu sprechen.

Lange habe ich nichts von Ihnen vernommen; theilen Sie mir von Ihrem Leben und Streben mit, von letzterem vielleicht in lebendigen Gebilden; das ist das Beste.

Ich war in den letzten Monaten sehr fleißig und hoffe, daß davon auch bis zu Ihnen dringen wird. Sind Ihnen vielleicht die vierhändigen Ballszenen zu Gesicht gekommen, dann die Musik zu Manfred und die Sonate in D-moll für Violine und Pfte.? Meine Musik verbreitet sich mehr und mehr, auch im Ausland, namentlich Holland und England, und das zu sehen, freut immer den Künstler. Denn nicht das Lob erhebet ihn, sondern die Freude, daß, was er empfunden, harmonisch aus Menschenherzen zurückklingt.

So denn genug für heute und lassen Sie bald von sich hören!

R. Sch.

Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 437-438.
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