89. An Strackerjan.

[436] Düsseldorf, den 28. Oct. 1853.


Entschuldigen Sie, verehrter Herr und Freund, daß ich so lange mit der Antwort gezögert. Eine Masse von Berufs- und andern Geschäften machte es unmöglich, und noch im Augenblick ist sie nicht gemindert, so daß ich auch heute nur das Wichtigste berühren kann.

Ihre Idee, aus der Genoveva Einiges aufzuführen, freut mich sehr. Den Gedanken, den Doppelchor forte zu schließen, habe ich wieder aufgegeben. Das Diminuendo liegt einmal in der ganzen Empfindung, wie in der Instrumentation, und schließt, die Bemerkung in dem Texte, daß die Krieger abziehen, vorausgesetzt, so gewiß viel wirkungsvoller. Die Schlußtacte habe ich beigefügt.

Was den Königssohn anlangt, so kann ich Ihnen leider jetzt nicht[436] damit dienen. Partitur und Orchesterstimmen sind noch in Arbeit. Nur der Clavierauszug und die Chorstimmen erschienen bis setzt. Eine Aufführung am Clavier wäre also das einzig Mögliche.

Sehr fleißig war ich in der letzten Zeit. So ist eine Ouvertüre zu Faust entstanden, der Schlußstein zu einer größeren Scenenreihe aus Faust, – ein Concertallegro f. Pfrte. mit Orchester –, drei Sonaten für die Jugend – ein Cyclus vierhändiger Tänze, »Kinderball« geheißen, ein Concert für Violine mit Orchester, eine Phantasie desgl., die gestern Joachim in ganz bezaubernder Weise im Concert spielte. Auch ist jetzt ein junger Mann hier, aus Hamburg, Namens Johannes Brahms, von so genialer Kraft, daß er mir alle jüngern Künstler bei weitem zu überstrahlen scheint, und von dessen wunderbaren Werken (namentlich auch Liedern) gewiß bald auch zu Ihnen dringen wird.

So sende ich Ihnen heute noch viele Grüße und Bitten, mir bald wieder neue Briefe zu schicken, die mich immer erfreuen.

Ihr

ergebener

R. Schumann.

Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 436-437.
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