C.B. Hötsch

[136] Wie es scheint wurde Carl Maria durch den Leibarzt des Herzogs Ludwig, Dr. Kellin, in die Familien Stuttgarts eingeführt, in denen ein Cultus von Kunst- und Geistesleben bestand. Auf Familienkreise war derselbe beschränkt, da alles öffentliche Treiben durch den Druck der tyrannischen Regierung und die traurigen Verhältnisse des Landes auf null reducirt war. Er lernte die Redacteure der vortrefflichen, jetzt noch blühenden Zeitschrift »Das Morgenblatt«, den witzigen Haug und den klar denkenden Reinbeck kennen und lieferte im Jahre 1809 zwei Musikbeilagen zu ihrem berühmten Blatte, nämlich die am 22. Febr. 1809 componirte Serenade von Baggesen: »Horch, leise, horch«, ein Musikstück von zauberischer Abendstimmung, dann eine »Rhapsodie« von Haug gedichtet und am 30. Mai 1809 componirt. Von Reinbecks Dichtungen setzte er die Romanze der Laura in dessen Erzählung »Giovanni Alfieri« und ein Lied: »Sanftes Licht weiche nicht« aus dessen »Erzählungen« in Musik. Carl Maria verkehrte auch mit dem kernigen Weiser, dem liebenswürdigen von Wagenhein, dem Uebersetzer Ludwig Schubert, mit dem Professor und geheimen Secretär J. C. Schwab, dem eifrigen Gegner der Kant'schen Philosophie und Vater des trefflichen Dichters Gustav Schwab und dem eben geadelten, geistvollen, feinsinnigen Theologen L. T. von Spittler. Er wurde ein großer Bewunderer des damals fast fünfzigjährigen Dannecker, dessen »Ariadne« er arbeiten sah, besonders aber des jetzt fast vergessenen Georg Friedr. von Wächter, dessen trockene Compositionen ihm merkwürdiger Weise voll Poesie zu sein schienen; auch das[136] edle bei allem Talente so mühsam und kümmerlich durch das Leben wandernde Kupferstecherpaar Johann Gotthardt und Joh. Friedr. v. Müller, deren ersterer seine »Madonna della sedia« eben begonnen, der andere aber seinen »Johannes« nach Domenichino vollendet hatte, besuchte er, sowie den Historienmaler Hötsch und den Landschaftsmaler Müller oft in ihren Werkstätten, die alle den geistvollen jungen Mann gern begrüßten und zum Theil in die Kreise ihrer Familien zogen. Es war das erste Mal, daß Carl Maria den Umgang bedeutender, bildender Künstler genoß. Mit Erstaunen wurde er der weit höheren Bildungsstufe gewahr, auf die sie fast alle im Vergleiche zu den Musikern und Schauspielern standen, die er bis dahin fast allein kennen gelernt hatte.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 136-137.
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