Heinrich Marschner

[210] Heinrich Marschner, dem damals sein Freund der Graf Thaddäus von Amadée in Presburg sein gastliches Haus geöffnet hatte, wo er, ungezwungen lebend, componirte, dirigirte und Unterricht gab, hatte schon im Jahr 1818, von dem mit Weber befreundeten Dichter Wohlbrück, seinem Schwager, warm an diesen empfohlen, die Partitur einer Oper »Heinrich der IV. und d'Aubigné« an Weber gesandt, die dieser mit Verwunderung über die Begabung des 22jährigen Componisten durchblättert, darauf die Oper zur demnächstigen Aufführung notirt und den Componisten davon unterrichtet hatte. Schwierigkeiten der Besetzung verzögerten diese indeß so, daß es Weber fast peinlich berührte, als am 18. August ein untersetzter, kräftiger junger Mann mit jovialem, rothem Gesicht zu ihm in das lauschige Gartenstübchen trat und eine alte Dame an der Hand führend, sich als Heinrich Marschner mit seiner Mutter vorstellte. Die etwas allzu zwanglosen Formen des jungen Lausitzer Musikers, seine fast plumpe Ausdrucksweise, hatten für Weber, der doch kein Feind eines geraden derben Worts war, nichts Sympathisches. Dieser Eindruck verwischte sich auch später nicht, als beide Meister, durch Marschner's Anstellung in Dresden, in nähere Berührung mit einander traten, obgleich Weber sich Mühe gab, seine Empfindungen nach seinem Kopfe zu stimmen. In diesen sprach nicht allein Achtung vor Marschner's Talent, sondern auch ein wunderliches Ereigniß für den spätern Componisten des »Hans Heiling«, in welchem Weber, nach seiner Neigung Zeichen und Vorbedeutungen Ohr und Auge nicht ganz zu verschließen, mehr Hindeutung auf eine Zusammengehörigkeit seines Wesens mit dem Marschner's erblickte, als in der Aehnlichkeit ihrer Talente.

Die Oper »Heinrich der IV. und d'Aubigné« war nämlich bis zum Sommer 1820 im Portefeuille der Dresdner Theaterverwaltung liegen geblieben, als es Weber endlich gelang, sie zur Aufführung zu bringen.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 210.
Lizenz:
Kategorien: