Friedrich d. Große, Schöpfer des Berliner Kunstlebens

[283] Wie Friedrich's des Großen Schwert der mächtige Hebel war, mit dem er das, bis zu seiner Zeit in dritter Reihe der Staaten stehende Preußen, in deren erste Reihe hob, wie er mit dem gewaltigen Prägstocke seines Scepters allen Herzen seiner Unterthanen den edeln Stempel aufdrückte, der sie, mit starkem Nationalgefühle, unter dem Zeichen des Vaterlandes zu einem Volke vereinte, so war seine Flöte[283] der Zauberstab, dessen Wink die lebensfähigen Keime des Berliner Kunstlebens schuf.

Wie er selbst, sein Bild, sein Name, Wurzel, Symbol und Stolz des preußischen Nationalbewußtseins ist, so erhielt Alles, was sich mit der Erinnerung an sein glorreiches Thun verknüpft, a priori im Herzen des Volkes den Zauber des Volksthümlichen und den Charakter des der Pflege und der allgemeinen Liebe Werthen.

Die deutsche Kunst der Zeit, in welcher Friedrich's Seele, durch Lehre von außen her, die Formen seiner Kunstanschauung empfing, in der sein Geschmack sich formte, stand tief unter dem Gesichtskreise des großen Mannes. Das mehr als brüske, übereinfache Deutschthum seines Vaters hatte ätzend in ihm im entgegengesetzten Sinne reagirt; das Deutsche behielt bei ihm lebenslang und unwillkürlich einen Beigeschmack von der groben Kost, mit der der Familienkreis Friedrich Wilhelm's I. bewirthet wurde, einen Anklang an des barschen imrsten unliebenswürdigen Commandoton. Kein Wunder daher, ihn im Denken und Fühlen, so weit es sich auf das Schöne bezog, der weitvorgeschrittenen, farbigen, seidenen und glänzenden Cultur Frankreichs und Italiens huldigen zu sehen. Konnte sie ihm doch neben der »preußischen« nicht anders erscheinen, wie ein sonniger, sokratisch mit Voltaire und d'Alembert genossener Sommertag in Rheinsberg gegen einen trüben Novemberabend in seines Vaters Tabakskollegium, unter platten Scherereien Gundling's verbracht!

Gleichviel aber ob französischen, italienischen oder deutschen Ursprungs, Friedrich liebte das Schöne und diese Liebe machte die Kunst in Preußen populär, gab ihr Anspruch auf Verehrung und Pflege und somit schuf er sie!

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 283-284.
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