Nachforschungen über Mozart's Requiem

[620] Am selben Tage gelang es den Nachforschungen Weber's zu seiner angenehmen Genugthuung, ein Scherflein zu den Ermittelungen über die Echtheit des Mozart'schen Requiems beizutragen, die Gottfried Weber mit so großem Eifer anstellte. Gottfried hatte ihn am 11. Nov. aufgefordert, in den Sammlungen Dresdens nach Thatsachen, die sich darauf beziehen könnten, und besonders alten guten Copieen des Requiems, zu forschen. Weber hatte sich dieser Arbeit mit Fleiß in majorem honorem magistri unterzogen und berichtet an Gottfried am 29. Nov. 1825:


»etc. Nach Durchsuchung aller Archive und Privat-Sammlungen des Königs hat sich ein Manuscript des Requiem nicht vorgefunden.[620] Dagegen aber eine gedruckte Partitur (sehr splendid gedruckt) mit folgendem Titel:


Istes Blatt.

W. A. Mozarti

Missa pro defunctis

Requiem.

W. A. Mozarts

Seelenmesse

mit

untergelegtem deutschen Texte.


Im Verlage der Breitkopf- und Härtel'schen Musikhandlung in Leipzig.


IItes Blatt.

Seiner

Churfürstlichen Durchlaucht

von

Sachsen

dem

Kenner und Beschützer religiöser Tonkunst

unserm gnädigsten Herrn

unterthänigst gewidmet

von

den Herausgebern.


Breitkopf et Härtel.

(ohne Jahreszahl.)


Diese Ausgabe ist nun ganz gleichlautend mit der bekannten, und der deutsche Text heißt, ›Friede den Entschlafenen, segne du sie Ewiger etc.‹ Hintenangedruckt sind nachfolgende Textübersetzungen. 1) Das Requiem, nach dem lateinischen zu W. A. Mozarts Musick, vom Herrn Professor C. A. H. Clodius in Leipzig. ›Ruhe in Ewigkeit schenke ihnen, himmlischer etc.‹ 2) Der Tag des Gerichts, Parodie des Requiem, vom Herrn Kapellmeister Hiller in Leipzig: ›Lehre uns bedenken, daß wir streben müssen, um klug zu werden etc.‹ Willst du diese 2 Texte vollständig haben, so lasse ich sie dir abschreiben.[621]

Bei meinem vielen Herumfragen bei den ältesten Mitgliedern der Kapelle nach dem Requiem, habe ich aber noch eine geschriebene Partitur aufgefunden, die dem verstorbenen Sänger Mariottini gehörte, und nach welcher das Requiem hier aufgeführt worden ehe es gedruckt war. Hier habe ich folgende Abweichungen gefunden:


Gedruckte. – geschriebene Partit.


No. 1. Requiem.


Allabreve. Ganzer Takt.


Kyrie.


Nachforschungen über Mozart's Requiem

NB. nichts beziffert.


Nachforschungen über Mozart's Requiem

NB. alles sehr sorgfältig beziffert.


Dieß sind schon Abweichungen, die von verschiedener Art auf zuschreiben herrühren, und nicht blos des Abschreibers Werk sein können. –


Tuba mirum.


Ganzer Takt.Allabreve.

3 Takte Posaunen-, Durchaus Solo für die

dann Fagott-Solo. Tenorposaune. Die Fagotte

ihre eigene Zeile und erst

beim Cum vix eintretend.


Rex tremendae.


Grave.Andante.


[622] Recordare.


Kein Tempo.Adagio.


Lacrimosa.


Larghetto.Adagio.

Die ersten 2 TakteDie ersten 2 Takte

im Baße. im Baße

Pausen.wie folgt:


Nachforschungen über Mozart's Requiem

Und nun beifolgende Bemerkung von Mariottinis Hand:


L'offertorio, il Sanctus, et l'Agnus Dei, non gl'ho trascritti, perche non mi anno parso essere del valore del precedente, ne credo ingannarmi nel crederli, opera di un'altra penna. –


Nun noch eine unbedeutende Bemerkung über die Wiederholung des Lux aeterna. –

So weit meine Nachforschungen. – Außerdem hat man mir aber auch erzählt, André in Offenbach habe eine Skizze (von Mozarts Hand) von dem Requiem, welches er als Schatz und Geheimniß bewahre. etc.«

Später, am 23. Jan. 1826, theilt er Gottfried noch mit:


»etc. Mariottini's Abschrift hat keine Jahreszahl. Unser Kammersänger Miksch besitzt sie. Ich habe mich falsch ausgedrückt. Die hiesige Aufführung damals – lauter mündliche Notizen – geschah nach einer Partitur, von der Mariottini seine Abschrift nahm. Diese Stimmen sind noch da und werden zuweilen gebraucht. etc.«


In der letzten Zeit des Jahres 1825 bewegte den krankhaft Gereizten eine Angelegenheit tief schmerzlich wieder, die, verstärkt durch neue Hinzukommnisse, den Ertrag an Ruhm und Geld in Frage stellte, den Weber im Bereiche eines der civilisirtesten Völker der Welt von seinen Werken zu erndten hoffen durfte.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 620-623.
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