Bishop's »Aladin«

[692] Seine neue Zauberoper »Aladin«, mit ungemeiner Pracht auf dem Drury-Lane-Theater in Scene gesetzt, war dazu bestimmt, den[692] »Oberon« in Schatten zu stellen und die Aufmerksamkeit der Nation von dem Fremden auf den Sohn des Vaterlands zu lenken.

Von welchem Erfolg dieß Unternehmen begleitet war, lassen wir Weber, in treuer Uebereinstimmung mit den Zeitberichten, selbst erzählen:


»30. April.


etc. Gestern war denn ein interessanter Tag. Die 1. Vorstellung von meines sogenannten Rivals Oper, Aladin. Mit Mühe waren Plätze zu bekommen, einer der Inhaber des Theaters bot mir aber seine Loge an, und machte mir sogar die Visite vorher. Wir aßen alle zu Hause und fuhren dann in Drurylane. Kaum trat ich in die Loge und wurde gesehen, als das ganze Haus aufstand und mich mit dem größten Enthusiasmus empfing. Dieß in einem fremden Theater, an diesem Tage, zeugte recht von der Liebe der Nation, und rührte und freute mich sehr. Die Oper selbst, nun – dauerte erstlich der 1. Akt 21/4 Stunde und das Ganze von 7 Uhr bis 1/212 Uhr. Das ist schon genug, Menschen und Oper umzubringen. Der Beifall war im Anfang sehr groß. Bishop wurde empfangen wie ich, die Ouverture wiederholt, die erste Romanze des Aladin auch. Aber nun wurde der Beifall immer schwächer, und leider muß ich sagen mit Recht, denn es ist ein kleines, schwaches Werk, das kaum Anspruch auf den Namen einer Oper verdient. Ein recht hübscher Jägerchor ging kalt vorüber, ja, wie er aus war, pfiffen sie im Parterre den Jägerchor aus dem Freischütz. Bishop wurde nicht gerufen, und die Oper hat eigentlich mißfallen. Das Sujet ist auch ganz schlecht behandelt, so viel unnütze und uninteressante Scenen, und alles so lang und breit. Gegeben wurde es mit aller Pracht. etc.«


Nicht Krankheit noch tiefe Verstimmung konnten Weber abhalten, Arm und Kopf bereitwillig zu leihen, wo es galt der Freundschaft Dienste zu leisten.

Wir finden ihn am 27. April im Concert der Tochter seines Freundes und Verlegers Hawes, die eine beliebte Altsängerin war, die Freischützouverture leitend, am 1. Mai dem, leider durch Unwohlsein[693] etwas mißglückten Auftreten Fürstenau's, im Philharmonischen Concert anwohnend; am 10. Mai in Kemble's Benefizconcert die Preciosaouverture und die von Sapio prächtig gesungene Scene aus »Freischütz«: »Durch die Wälder«; und in Miß Paton's Benefizconcert, am 30. Mai, sechs Tage vor seinem Ende, die Freischützouverture und den zweiten Akt dieser Oper mit Aufopferung aller Kräfte, von Todesfrösten geschüttelt, dirigiren.

In einem dieser Concerte, wo er der Liebe diente, die ihn erquickt hatte, sollte Weber, zu seinem höchsten Erstaunen, das englische Volk auch von der Nachtseite seiner Rohheit kennen lernen, das von ihm bisher nur von den Seiten seines kräftigen Enthusiasmus, seinem Respekt vor dem Ruhme, seiner rüstigen Thätigkeit und Tüchtigkeit gesehen worden war.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 692-694.
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