|
[234] Es tauchen von Zeit zu Zeit in den öffentlichen Blättern Nachrichten über Personen auf, die bald als nahe, bald als ferne Verwandte Mozart's bezeichnet werden. Es fand aus diesem Anlasse auch zu wiederholten Malen ein Appell an den Wohlthätigkeitssinn der Zeitgenossen statt; folgten dann auch Berichtigungen, Nachweise eines näheren Verwandtschaftsgrades und vor nicht gar langer Zeit die Nachricht von einer angeblich einzigen Anverwandten Mozart's, die bald darauf als unrichtig bezeichnet und auch bewiesen wurde. Es verlohnt sich also immerhin der Mühe, nach dieser Seite hin eine Untersuchung anzustellen, welche einigermaßen die Prüfung der Ansprüche erleichtert; denn es bietet ja doch etwas Verlockendes, mit einem Manne, wie Mozart, verwandt zu sein. Diese Verwandtschaft ist nach zwei Seiten hin möglich, es können nämlich Nachkommen der Familie Mozart, oder aber Nachkommen der Familie Weber vorhanden sein, in welche Mozart eben geheiratet.
Die Familie Mozart stammt aus Augsburg, wo sich Personen dieses Namens bereits gegen das Ende des 16. Jahrhunderts[235] nachweisen lassen. Soz. B. gedenkt Paul von Stetten in seiner »Kunst-, Gewerks- und Handwerks-Geschichte der Reichsstadt Augsburg« eines Anton Mozart, der schon zu Ende des 16. Jahrhunderts in Augsburg gelebt und die Malerkunst mit nicht gewöhnlichem Geschick ausgeübt hat. Es ist bekannt, daß Wolfgang Amadeus Mozart auch und ziemlich fertig zeichnete. Es ist daher nicht ganz unwahrscheinlich, daß die durch ihn so berühmt gewordene Familie Mozart von jenem Anton Mozart entweder in directer Linie abstamme, oder doch sonst mit ihm verwandt sei. Mozart's Großvater Johann Georg war Buchbinder in Augsburg. Von diesem Johann Georg sind zwei Söhne bekannt, Joseph Ignaz und Leopold. Dieser letztere ist Wolfgangs Vater. Joseph Ignaz war Buchbinder in Augsburg, übte also das Handwerk seines Vaters aus; Leopold studirte, ging nach Salzburg, und kam dann, da er ein tüchtiger Musicus war, als solcher in erzbischöfliche Dienste. Von diesen beiden Brüdern, Leopold und Joseph Ignaz – Leopold spricht zwar immer von einem Bruder Franz Alois, im Taufbuche findet sich jedoch der Name Joseph Ignaz – stammen die bisher bekannten directen Nachkommen der Familie Mozart. Von Joseph Ignaz stammt die in Mozart's Leben eine liebliche Rolle spielende Tochter Maria Anna, das in den Briefen Mozart's öfter genannte »Bäsle«, über welche wir in Otto Jahn's »Mozart«, Bd. II, S. 499–520, nähere Auskünfte erhalten. Des Bäsle Porträt, eine von wenig kunstfertiger Hand 1778 ausgeführte Bleistiftzeichnung, befindet sich im Mozarteum zu Salzburg. Maria Anna (geboren 14. Jänner 1758, gestorben 25. Jänner 1841) hatteeine gleichnamige Tochter Maria Anna, die sich mit einem Manne Namens Pümpel vermälte, und aus dieser Ehe sind die Nachkommen, drei Töchter, zwei Söhne, am Leben. Diese fünf Geschwister Pümpel leben zur Zeit zu Feldkirch in Vorarlberg und zwar die drei Töchter als Näherinnen, einer der Brüder als Nachtwächter, der andere als Buchbindergeselle. Sie wurden, als die Mozartfeier im I. 1856 stattfand, von Jemand aufmerksam gemacht, ihre Verwandtschaft mit Mozart geltend zu machen, und auf Grund dessen Ansprüche auf eine namhafte Unterstützung zu erheben. Die Geschwister befolgten auch diesen Rath, nur weiß Herausgeber dieses Werkes nicht, ob sie sich mit ihrem Anliegen nach Wien oder Salzburg gewendet haben. Als in Folge dessen von jener Stelle oder Corporation, an welche das Gesuch der Bittsteller gerichtet war, ein Ansuchen um genauere Nachrichten über die materiellen Verhältnisse der Geschwister, an den Gemeinde-Vorstand von Feldkirch erging, so gab dieser die Erklärung ab, daß die Geschwister sich in keiner Noth befinden, daß aber, wenn eine solche eintreten würde, die Gemeinde es sich vorbehalte, das Erforderliche für einen solchen Fall zu verfügen. (Blätter für Musik u.s.w., von Zellner, 1861, Nr. 23 u. 1862, Nr. 69, und Deutsche Allgem. Zeitung 1862, Beilage zu Nr. 193). – Des Joseph Ignaz Bruder, Leopold, der Vater unseres Mozart, hatte aus seiner Ehe mit Anna Maria Pertlin (gest. zu Paris 3. Juli 1778) sieben Kinder, von denen nur eine Tochter, gleichfalls Maria Anna, und ein Sohn Wolfgang Amadeus, die beiden musikalischen Wunderkinder, am Leben blieben. Ueber Wolfgang Amadeus gibt die ausführliche Biographie S. 1 – 67 nähere Aufschlüsse. Wolfgang's[238] Schwester Maria Anna (geb. 30. Juli 1751, gestorben 29. October 1829) war auch, wie ihr Bruder, tüchtig musikalisch gebildet. Otto Jahn berichtet in seiner Mozart-Biographie (Bd. I, S. 133 – 145, in der 1. Beilage) ausführlicher über sie. Maria Anna heiratete im Jahre 1784 Johann Baptist, Neichsfreiherrn Berchthold zu Sonnenburg, Salzburgischen Hofrath und Pfleger zu St. Gilgen. Ihr Gemal starb im Jahre 1801 und die Witwe übersiedelte mit ihren Kindern nach Salzburg, wo sie bis zu ihrem im Jahre 1829 erfolgten Tode, seit 1820 erblindet, lebte. Von einem ihrer Söhne stammt Henriette, geborne Freiin von Berchthold-Sonnenburg, vermälte Franz Forster (hie und da auch Forschter geschrieben), die mit ihrem Gatten, einem k.k. Militär-Verpflegsverwalter, zu Graz lebt. Diese Henriette wäre somit eine Großnichte zu dem verewigten Mozart.
Maria Anna's Bruder, der berühmte Wolfgang Amadeus hat sich mit Constanze Weber verheirathet und dadurch eine ziemlich ausgedehnte Schwägerschaft erhalten. Die Familie Weber, von welcher Constanze abstammt, war in Mannheim ansäßig. Fridolin Weber lebte als Souffleur und Copist in sehr ärmlichen Verhältnissen in Mannheim. In neuester Zeit wird die nahe Verwandtschaft Fridolin Weber's mit Karl Maria von Weber, dem Componisten des »Freischütz«, zwar nicht nachgewiesen, aber doch öfter erwähnt. Demzufolge wäre Karl Maria von Weber der Sohn eines Bruders des Fridolin und dieser somit der Onkel des berühmten Componisten und im Schwägerschaftsverhältnisse zu Mozart [Zellner's Blätter für Musik, 1864, Nr. 10; – Blätter für Krain 1864,[239] Nr. 7]. Fridolin Weber besaß eine ziemlich zahlreiche Familie, fünf Töchter und einen Sohn, von denen vier Töchter bekannter geworden sind: die älteste, Josepha, später an den Violinisten Hoffer und dann an den Bassisten Mayer verheiratet; Aloisia, die nachmalige Lange; Constanze, Mozart's Frau, und Sophie, an den Musicus und Componisten der komischen Oper: »Der Tiroler Wastl«, Haibl, vermält. Von diesen vier Töchtern sind nun die Nachkommen zweier und zwar Constanzen's, der Gattin Mozart's, und Aloisia's, vermälten Lange, bekannt. Mozart's beide Söhne sind unvermält geblieben und bereits beide todt. Karl Mozart (geb. zu Wien im Jahre 1783) starb zu Mailand am 31. October 1858, und Wolfgang Amadeus (geb. zu Wien 26. Juli 1791) starb zu Karlsbad am 29. Juli 1844. Es bleiben somit nur noch die Nachkommen der Aloisia Lange übrig. Aloisia's Gatte Joseph Lange (geb. 1. April 1751, gest. 1821) war zweimal vermält. Zuerst 1777, mit einer Tochter des Malereidirectors in der k.k. Porzellanfabrik, Schindler, welche nach zweijähriger Ehe, erst 22 Jahre alt, starb; in zweiter Ehe mit Aloisia Weber, der Schwester von Mozart's Frau. Lange hatte aus beiden Ehen fünf Kinder, von der ersten Frau eine Tochter und einen Sohn, von der zweiten, eben von Mozart's Schwägerin Aloisia, zwei Töchter und einen Sohn. Die Tochter aus erster Ehe starb in jungen Jahren, der Sohn trat in ein öffentliches Amt. Der jüngste Sohn aus zweiter Ehe ging gleich dem Vater zur Bühne. Somit ist allem Anscheine nach die jetzt lebende Josepha Lange, da sie nur eine Tochter von Lange's Sohne aus erster Ehe ist, in kaum erwähnenswerthem[240] Grade mit Mozart verschwägert. Daß sie aber nicht eine Tochter des jüngsten Sohnes Lange's aus seiner zweiten Ehe mit Aloisia Weber ist, erhellet daraus, daß sie sich selbst die Tochter eines Kriegskanzellisten nennt, während ja eben dieser jüngste Sohn Aloisia's und Lange's Schauspieler war. Eben diese Josepha Lange hat in neuester Zeit als Mozart'sche Verwandte die allgemenie Mildthätigkeit in Anspruch genommen. (Blätter für Musik von Zellner, 1866, Nr. 60). Eine Verwandtschaft- und Verschwägerungs-Tafel der Familien Mozart und Weber, welche auf S. 237 dargestellt ist, wird den Ueberblick und das Verständniß der verwandtschaftlichen Beziehungen beider Familien erleichtern.
Ausgewählte Ausgaben von
Mozart-Buch
|
Buchempfehlung
Im Jahre 1758 kämpft die Nonne Marguerite Delamarre in einem aufsehenerregenden Prozeß um die Aufhebung ihres Gelübdes. Diderot und sein Freund Friedrich Melchior Grimm sind von dem Vorgang fasziniert und fingieren einen Brief der vermeintlich geflohenen Nonne an ihren gemeinsamen Freund, den Marquis de Croismare, in dem sie ihn um Hilfe bittet. Aus dem makaberen Scherz entsteht 1760 Diderots Roman "La religieuse", den er zu Lebzeiten allerdings nicht veröffentlicht. Erst nach einer 1792 anonym erschienenen Übersetzung ins Deutsche erscheint 1796 der Text im französischen Original, zwölf Jahre nach Diderots Tod. Die zeitgenössische Rezeption war erwartungsgemäß turbulent. Noch in Meyers Konversations-Lexikon von 1906 wird der "Naturalismus" des Romans als "empörend" empfunden. Die Aufführung der weitgehend werkgetreuen Verfilmung von 1966 wurde zunächst verboten.
106 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro