Hundsfisch (Umbra Crameri)

[251] Der einzige Fisch, welcher gegenwärtig als Verwandter der Hechte angesehen und gewöhnlich mit ihnen in einer und derselben Familie vereinigt wird, ist der Hundsfisch (Umbra Crameri, Gobius caninus, Cyprinodon umbra), Vertreter der Hundshechte, welche ebenso wie als Sippe (Umbra) als Unterfamilie (Umbrinae) und als Familie (Umbridae) aufgefaßt werden: ein kleiner Fisch von nur acht, höchstens neun Centimeter Länge, gedrungenem Leibesbau, weit hinten stehender, breiter Rücken- und unter ihr eingelenkter Bauch- und Afterflosse, abgerundeter Schwanzflosse, [251] bekleidet mit großen Schuppen, welche auch Oberkopf, Wangen und Deckelstücke besetzen, und bewehrt mit seinen Sammetzähnen in Zwischen- und Unterkiefer, auf Pflugschar- und Gaumenbeine. Die Färbung ist ein auf dem Rücken dunkelndes, am Bauche sich lichtendes Rothbraun; die Zeichnung besteht aus unregelmäßigen dunkelbraunen Flecken und Punkten und einem lichter gelblichen, oft kupferröthlichen, längs der Seitenlinie verlaufenden Striche. Rücken- und Schwanzflosse sehen bräunlich, die übrigen blaß aus; erstere ist theilweise dunkel gefleckt. In ihr zählt man drei und zwölf bis dreizehn, in der Brustflosse einen und zwölf, in der Bauchflosse einen und fünf, in der Afterflosse zwei und fünf bis sechs, in der Schwanzflosse sechzehn Strahlen.

»Der Hundsfisch«, sagen Heckel und Kner, denen wir die einzige mir bekannte Lebensbeschreibung verdanken, »bewohnt in Gesellschaft von Koppen, Karauschen und Schlammbeißern die Torfmoore und Sümpfe der Umgebungen des Neusiedler und Plattensees, hält sich am liebsten nahe dem schlammigen Boden in tieferen Stellen unter klarem Wasser auf und ist selten. In einem und demselben Moorloche trifft man höchstens ihrer fünf oder sechs neben einander an. Ueberdies ist er scheu, schnell und schwer zu fangen, da er gleich unter unzugänglichem Gestrüppe oder im Schlamme sich verbirgt. Beim Schwimmen werden abwechselnd die Brust- und Bauchflossen ähnlich den Füßen eines laufenden Hundes bewegt; die Rückenflosse macht mit allen Strahlen eine rasche, wellenförmige Bewegung, wie eine solche auch bei Seepferdchen und Seenadel vorkommt und durch eigenthümliche Anordnung von eigenen Muskeln für die einzelnen Strahlen der Flossen bewerkstelligt wird. Selbst wenn das Fischchen ruhig steht oder schwebt, befinden sich die drei oder vier letzten Strahlen der hoch aufgerichteten Rückenflosse ganz allein in steter Wellenbewegung. Auch dieses ruhige Stehen findet sonderbarerweise bald in wagerechter, bald in senkrechter Richtung, und zwar mit dem Kopfe nach auf- oder abwärts statt, oft stundenlang während; plötzlich schießen dann alle mit rascher Schwanzbewegung aus der Tiefe bis an den Wasserspiegel empor, schnappen Luft, geben dieselbe beim Untertauchen in Form großer Blasen durch die Kiemenspalte wieder von sich und athmen einige Zeit nachher sehr langsam.

In Gesellschaft zu drei bis vier in einem geräumigen Glase untergebracht, gewöhnen sie sich recht bald an die Gefangenschaft, und es gelang uns, sie anderthalb Jahr langlebend zu erhalten, indem sie mit rohem, in ganz kleine Stücke zerschnittenem Fleische gefüttert wurden, welches sie aber gewöhnlich nicht im Untersinken, sondern erst auf dem Grunde liegend erfaßten. Sie werden in kurzer Zeit so zahm und zutraulich, daß sie sich beim Erblicken einer bekannten Person an die Wände des Glasgefäßes drängen und das Futter gierig aus der Hand schnappen. Das Laichgeschäft vollführen sie jedoch in der Gefangenschaft nicht, und ein Weibchen, welches ein Jahr lang in einem kleinen Gartenbecken sich erhielt, ging zu Grunde, weil es nicht laichen konnte und mit hirsekorngroßen Eiern strotzend erfüllt war. Sobald eines aus der Gefangenschaft stirbt, folgen die anderen bald nach. Sie wurden früher aus den Sümpfen des Neusiedler Sees häufiger als jetzt zu Markte gebracht, jedoch stets nur als zufällige Beute zwischen die oft großen Massen von Schlammbeißern eingemengt, welche von dort hierher gelangen; denn die Fischer entfernen sie sorgfältig, da sie nach ihrer Meinung giftig sind und jene ihre Waare dadurch im Werthe zu beeinträchtigen fürchten. Sie halten sich daher auch für beleidigt, wenn man Hundsfische von ihnen verlangt.«

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 251-252.
Lizenz:
Kategorien: