Melipona scutellaris - Trigona flaveola

[215] Außer wenigen früheren, sehr lückenhaften Nachrichten über die stachellosen Honigbienen Südamerikas haben wir aus jüngerer und jüngster Zeit drei ausführlichere Berichte von Bates, Drory, H. Müller über dieselben. Ihnen ist ohne Berücksichtigung der außerordentlich zahlreichen Artnamen das folgende entlehnt worden, soweit es als ausländisches hier zulässig schien. Die Meliponen bauen am liebsten in hohle Baumstämme, aber auch in die Spalten senkrechter Uferwände und in Termitenhaufen, und vermauern die Spalten und sonstigen Oeffnungen bis auf ein Flugloch, dem unter Umständen auch ein röhrenförmiger oder trichterartiger Zugang aufgesetzt sein kann. Zu diesen, wie zu den theilweisen Bauten im Inneren verwenden sie kein Wachs, sondern harzige und andere Pflanzenstoffe, wie solche auch unsere Hausbiene verbraucht, ganz besonders aber thonige Erde. Diese Baustoffe werden mit denselben Werkzeugen eingeheimst wie der Blütenstaub, also in »Höschen« an den Hinterbeinen. Mit ungemeiner Rührigkeit sieht man eine Gesellschaft Arbeiter, auf einer Thonfläche sitzend, mit den Kinnbacken die obere Schicht abschaben. Die kleinen zusammengebrachten Häufchen werden mit den Vorderfüßen gereinigt, kommen von da unter die Mittelbeine, welche das Klümpchen an das Körbchen der Hinterbeine ankleben; ist nun die Ladung hinreichend groß, daß die Biene gerade genug daran hat, so fliegt sie davon. Ihr Eifer beim Eintragen für sie brauchbarer Gegenstände ist außerordentlich groß und kann sehr leicht den Charakter des Räuberhandwerks annehmen, wie man es bei unserer Hausbiene bezeichnet. Dies zu beobachten fand Drory vielfache Gelegenheit, da er jahrelang alljährlich ihm von neuem aus Brasilien zugesandte Meliponen bei Bordeaux neben der Hausbiene hält. Er ließ seinen Bienenstand einst inwendig lackiren und die Fenster zum schnelleren Trocknen offen stehen. Diesen Umstand machte sich die Melipona scutellaris zu Nutzen und war acht Tage hintereinander eifrig damit beschäftigt, an vielen Stellen den Lack abzukratzen und sich Höschen davon anzulegen. Eine andere Art (Trigona flaveola) stellte sich tausendweise ein, wenn ihr Waben und Honigstückchen unserer Biene zugänglich waren, legte Höschen von Wachs an, stahl den Honig, aber keine von den Hausbienen wagte sich ihr zu nahen, während diese letzteren dagegen mit der Melipona scutellaris im besten Einvernehmen stahlen. Höchst unterhaltend soll ihr Eifer und ihr Betragen beim Bauen selbst sein, wobei sie sich gleichfalls bestehlen. Wenn eine ihre Höschen durch eine andere zu verlieren gedenkt, so dreht sie sich schleunigst um, Kopf gegen Kopf, und stößt unter kräftigem Flügelschlage einen trockenen Knurrton aus.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 215-216.
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