Katzenschlange (Tarbophis vivax)

[389] Die Katzenschlange (Tarbophis vivax und fallax, Coluber vivax und carneus, Dipsas fallax, Trigonophis iberus, Ailurophis und Tachymenis vivax), an dem langen Zügelschilde und dem schlitzförmigen, senkrechten Augensterne unter allen europäischen Schlangen leicht kenntlich, ist auf schmutzig bräunlichgelben, grau erscheinendem Grunde mit äußerst kleinen schwarzen Pünktchen, auf den Kopfschildern mit kastanienbraunen Flecken, im Nacken mit einem großen, schwarz- oder rothbraunen und auf dem Rücken mit ähnlich gefärbten, in Reihen stehenden Flecken gezeichnet; eine dunkle Binde verläuft vom Auge zum Mundwinkel, eine Reihe kleiner Flecke längs jeder Seite des Leibes; die unteren Theile sehen weißgelb aus. Die Länge beträgt gegen einen Meter.

[389] Soviel bis jetzt bekannt, erstreckt sich das Verbreitungsgebiet der Katzenschlange von Istrien bis zur Halbinsel Apscheron und vom Nordrande Afrikas bis zum fünfundzwanzigsten Grade nördlicher Breite.


Katzenschlange (Tarbophis vivax). 1/2 natürl. Größe.
Katzenschlange (Tarbophis vivax). 1/2 natürl. Größe.

Man hat sie erhalten aus Istrien, Dalmatien, Albanien, der Türkei und Griechenland, ebenso aber auch aus Egypten, Palästina, Kleinasien, den Gebirgsländern am Schwarzen Meere und von hier aus bis zum Kaspischen Meere. Felswände, mit Gestein bedeckte Gehänge, sonnige Halden und alte Gemäuer bilden ihren Aufenthalt; sie scheut aber, nach Fleischmann, ebensowohl bedeutende Hitze als empfindliche Kälte, erscheint daher in den heißen Monaten nur in den Morgen- und Abendstunden außerhalb ihres Schlupfwinkels. Ihre Bewegungen sind lebhafter als die der Vipern, jedoch langsamer und träger als die der Nattern. Fleischmann sagt, daß sie außer Eidechsen auch kleinen Säugethieren nachstellt; Erber erfuhr, daß sie sich sausschließlich an erstere hält; Dumeril fand in dem Magen einer von ihm untersuchten Katzenschlange einen halbverdauten Geko.

Wegen ihrer Bissigkeit wird sie von den Landeseingeborenen oft mit der Viper verwechselt, für sehr giftig gehalten und so eifrig verfolgt, daß sie gegenwärtig in Dalmatien schon ziemlich selten geworden ist. In der Gefangenschaft gewöhnt sie sich bald an ihren Pfleger, geht ohne zu trotzen ans Futter und hält deshalb bei geeigneter Pflege mehrere Jahre aus. In ihrem Betragen hat sie, wie Effeldt mir mittheilte, viele Aehnlichkeit mit der Schlingnatter. Sie klettert außerordentlich fertig und hält sich an den Zweigen, wenn sie sich einmal umschlungen hat, so fest, daß man sie kaum losmachen kann, mag man sie auch reizen und erzürnen. Ihre Beute tödtet sie durch Umschlingung, ganz in derselben Weise wie vorgedachte Natter. Erber beobachtete, daß seine Gefangenen in Winterschlaf fielen, eine Thatsache, welche deshalb erwähnt zu werden verdient, weil Cantraine noch im December eine dieser Schlangen zwischen den Trümmern eines verfallenen Schlosses in Dalmatien umherlaufen sah.


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 389-390.
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