Aga (Bufo Agua)

[602] Die bekannteste Riesenkröte ist die Aga (Bufo Agua, horridus, maculiventris, stellatus, marinus, humeralis, ornatus, ictericus, Lazarus, Rana marina, Bombinator horridus, Neotes, Pseudobufo und Docidophryne Agua), der größte aller bis jetzt beschriebenen Froschlurche, ein Thier, welches viele Schildkröten an Umfang übertrifft und bei einer Breite von zwölf Centimeter eine Leibeslänge von zwanzig Centimeter und darüber erreichen soll. Die Färbung ist ein fahles Graulichblaßgelb, auf welchem oben große, bräunliche oder rußschwarze, unten kleinere, röthlich graubraune Flecke stehen; die Spitzen der Fußzehen sehen schwarzbraun aus; erhöhete Leisten, welche vom Auge nach der Nase verlaufen, haben röthlichbraune Färbung. Unmittelbar nach der Häutung ist das Kleid des sonst häßlichen Thieres ein ansprechendes; später werden alle Farben düster und schmutzig. Beim Männchen sind die Warzen der Oberseite des Körpers und der Außenseite der Gliedmaßen mit zahlreichen kleinen Hornspitzen besetzt, während diese bei den Weibchen fehlen.

Alle Länder und auch die meisten Inseln Süd- und Mittelamerikas beherbergen die Aga. Dumeril erhielt sie aus Buenos Ayres, Brasilien, Guayana und von Martinique; andere Forscher beobachteten sie in Venezuela, Costarica usw. Uebertages hält sie sich, wie Prinz von Wied und Schomburgk übereinstimmend mittheilen, verborgen in ihren Schlupfwinkeln; sobald aber die Kühlung des Abends eintritt oder ein Regenguß solche bringt, verläßt sie ihre Herberge und erscheint nun in erstaunlicher Menge, so daß man, wie der Prinz sich ausdrückt, »die Erde oft mit diesen Thieren bedeckt sieht.« Besonders häufig findet sie sich, nach Schomburgk, in Georgetown, der Hauptstadt von Britisch-Guayana, selbst. Jeden Abend begegnet man ihr hier inmitten der Straßen; ja, es scheint sogar, als ob sie außerhalb der Städte und Dörfer vereinzelter vorkomme. Während der Regenzeit besucht sie, wie unsere Kröte ja auch, das Innere der Wohnungen. »Zu dem widrigen Geko«, erzählt Schomburgk, »fanden sich noch eine Menge Kröten ein. Hielten sie sich auch während des Tages in den dunkeln Winkeln der Hütte, deren es wegen der vielen Kisten und Kästen eine ziemliche Anzahl gab, und unter denen sie sich förmliche Vertiefungen wühlten, so begannen sie doch mit Einbruch der Nacht ihre Streifereien nach Beute; traf man dann unversehens eine derselben, so stieß die gequetschte jedesmal einen Schmerzenslaut aus, welcher uns anfänglich gewaltige Luftsprünge machen ließ. Auffallend war es, daß diese unangenehmen Gäste besonders gern ihr Lager zwischen Flaschen, Wasserkrügen und anderen Wassergefäßen aufschlugen, da sie [602] doch die Feuchtigkeit der Savanne fliehen. Rückten wir einmal eine Kiste, welche vielleicht nicht ganz fest auf dem Boden gestanden, fort, so wurden gewöhnlich Nester von Kröten, Gekos, Eidechsen, Skorpionen, Schlangen und Tausendfüßlern aufgescheucht aus ihrer behaglichen Tagesruhe, welcher sie sich, friedlich vereinigt, hingegeben hatten. Ein solcher Knäuel nackter, wimmelnder, ekelhafter Thiere übergoß uns anfänglich mit wahrhaftem Schauder, bis uns auch hierbei die Gewohnheit diese Schwäche verlernen und uns einen tüchtigen Prügel als das beste Mittel gegen ungebetenen Besuch erscheinen ließ.« Gereizt, gibt auch die Aga eine wässerige Feuchtigkeit von sich, welche die Landbewohner überaus fürchten. Ungeachtet ihres plumpen Baues bewegt sich diese Riesenkröte mit verhältnismäßiger Gewandtheit, und zwar hüpfend, nicht kriechend; sie ist überhaupt ein munteres und lebhaftes Geschöpf. Unter ihren Familienverwandten gehört sie zu denen, welche den meisten Lärm verursachen; zumal vor der Paarung läßt sie, hauptsächlich während der Nacht, zuweilen jedoch auch bei Tage, ein lautes, schnarchendes Gebell vernehmen, und wie die Kreuzkröte gibt sie, wenn sie hitzig ist, ihre Musik auch in der Gefangenschaft zum besten.

Es läßt sich annehmen, daß die Gefräßigkeit dieser Kröte sich zu der Eßlust der unserigen ebenso verhält, wie die bezügliche Körpergröße beider Arten; sichere Angaben über die Nahrung jener Art sind mir jedoch nicht bekannt. Wood erzählt, daß man daran gedacht habe, sie auf Jamaika als Vertilgerin der Ratten einzubürgern. Als man die erste auf der Insel aussetzte, verursachte sie allgemeinen Abscheu, namentlich auch durch ihr Geschrei, welches die biederen Pflanzer und die furchtsamen Neger mit höchstem Entsetzen erfüllte und ängstlichen Gemüthern den Schlaf raubte.

Mit Beginn der Regenzeit, in südlichen Theilen ihres Verbreitungsgebietes zu Ende des Winters, begibt sich die Aga in das Wasser, um zu laichen. Laut Hensel beginnt die Fortpflanzungszeit in Rio Grando do Sul im Juni und dauert mehrere Monate hindurch, so daß man selbst im Oktober noch die langen Eischnüre finden kann. Nur wenn die Wärme unter den Gefrierpunkt sinkt und die Pfützen mit Eis sich decken, wird das Paarungsgeschäft unterbrochen. Dann verstummt der im tiefen Baß ausgestoßene Triller der Männchen, und die Thiere ziehen sich in ihre Wohnungen in der Nähe des Wassers unter Steine und Baumstämme zurück, um den baldigen Eintritt wärmerer Zeit abzuwarten. Die Larven der Aga, welche in der Jugend schwarz aussehen, sind unverhältnismäßig klein im Vergleiche zu der Größe der Alten; denn sie haben schon bei einer Länge von zehn Millimeter ihre Verwandlung beendet. Aber auch solche, welche die dreifache Größe erreichen, sind in ihrer Färbung noch gänzlich von den Alten verschieden, auf der Oberseite bräunlich oder gelblichgrau mit gleichseitig vertheilten dunkelbraunen Flecken, welche an ihrem Außenrande dunklere, nach der Mitte zu hellere braune Färbung und einen schmalen, hellen, sie umgebenden Saum zeigen. Man kann einen zuweilen unpaaren, gewöhnlich in zwei gleichseitige Hälften getheilten Scheitelfleck zwischen den Augen unterscheiden; auf ihn folgen jederseits ein schmalerer Fleck oberhalb des vorderen Endes der Ohrdrüse, hierauf zwei kleine, nicht selten miteinander verschmelzende Flecke zu beiden Seiten dicht an der Mittellinie des Rückens und außerdem in ungleichen Abständen noch drei Fleckenpaare, deren letztes und kleinstes zu beiden Seiten des Steißbeinendes gelegen ist. Zwischen den größeren Flecken zerstreut und weniger beständig finden sich andere, kleinere. Die Außenseite der Hinterbeine wird durch Querbänder von der Färbung jener Flecke der Unterschenkel zuweilen durch drei derselben gezeichnet. Die Unterseite ist grau mit feinen, gelblichweißen Punkten getüpfelt. Die Punkte stehen aber oft so dick, daß die Grundfärbung mehr oder weniger durch sie verdrängt wird.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 602-603.
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