A. Bandzüngler

[258] Die Masse der hierher gehörigen Thiere, etwa acht tausend lebende Arten, ist so groß, daß man die Familien in einige untergeordnete Gruppen oder Unterordnungen zusammenzustellen genöthigt ist, leider wiederum von sehr ungleicher Ausdehnung. Die Mehrzahl, zu der wir uns zunächst wenden, bilden die Kammkiemer (Ctenobranchiata). Wir werden uns bei den allgemeinen Angaben über diese und die folgenden Gruppen an die auf der umfassendsten Berücksichtigung der wissenschaftlichen Ergebnisse fußende Darstellung von Keferstein halten und meist wörtlich seinen oder Philippi's Charakteristiken folgen.

Bei allen Kammkiemern liegt die Athemhöhle auf dem Nacken und enthält eine große Kieme, neben welcher sich noch eine kleinere, rudimentäre, die Nebenkieme, befindet. Vorn an der linken Seite streckt sich bei vielen Kammkiemern der Mantel als eine unten ausgehöhlte Rinne, Athemsipho oder Athemröhre, vor und leitet das Wasser in die Athemhöhle; bei anderen fehlt ein solcher Fortsatz. Der leichteren Uebersicht halber empfiehlt es sich, die Familien mit und ohne Athemsipho zusammenzustellen, zumal man dafür auch an der Schale ein Kennzeichen hat. Diese besitzt nämlich, falls eine Athemröhre vorhanden, an der Mündung einen röhrenförmigen Fortsatz oder einen Ausschnitt. Die Geschlechter sind immer getrennt und die Männchen meist an den an der rechten Seite des Halses weit hervorragende Begattungswerkzeugen zu erkennen.

Unsere Thiere sind theils Pflanzen-, theils Fleischfresser, letztere meist durch den Besitz eines Rüssels und eines Athemsiphos ausgezeichnet. Wir beginnen mit den Familien, deren Schalenmündung ohne Ausschnitt oder Kanal ist, und welche meistens Pflanzenfresser sind. Inwiefern die Reibemembran für die einzelnen Familien und Familiengruppen charakteristisch, soll an einzelnen Arten erläutert werden.

Bei den Paludinaceen (Paludinacea) hat das Thier eine kurze, nicht zurückziehbare Schnauze, zwei lange und schlanke Fühler, an deren Grunde außen die Augen sitzen. Die Reibemembran ist lang und schlank und liegt zum Theile in der Höhle für die Eingeweide; sie trägt in der Mittellinie eine Reihe Zähne und jederseits drei Reihen Haken. Alle Schnecken mit so beschaffener Zunge werden Bandzüngler (Taenioglossa) genannt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 258.
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