Nerita minor

[292] Nahe an dreihundert Arten sind fast über die ganze Erde verbreitet. Davon ist in Mitteleuropa Nerita fluviatilis, die gemeine Schwimmschnecke, sehr gemein, ein etwa 8 Millimeter hohes, 10 Millimeter breites Thierchen, welches in Flüssen und Bächen, Teichen und Sümpfen, an Steinen und Wasserpflanzen gefunden wird. Ihr buntes, roth oder violett gegittertes Gehäuse ist zwar dünn, aber von einer bei unseren Süßwasserkonchylien ungewöhnlichen Festigkeit. Wie bei so vielen Thiergattungen, deren Arten im salzigen oder im süßen Wasser vorkommen, gibt es auch von Nerita eine Anzahl Brackwasserformen und solche, welche in Wässern von sehr verschiedener chemischer Beschaffenheit ausharren. Eine bloße Abart der Nerita fluviatilis ist es, welche, Nerita minor genannt, in Unzahl in den Mansfeldischen Seen vorkommt.

Die auffallende Erscheinung, welche wir oben von der Entwickelung von Buccinum und Purpura erwähnt, daß nämlich nur wenige Embryone sich auf Kosten der zahlreichen gelegten Eier ausbilden, wiederholt sich auch bei Nerita fluviatilis. In den nur einen Millimeter großen kugeligen und mit harter Schale versehenen Eikapseln1 sind vierzig bis sechzig Eier enthalten. Nur ein einziges davon entwickelt sich zu einem Embryo, welcher auf einer sehr frühen Stufe mit Mund und Speiseröhre versehen wird und allmählich die ganze Schar seiner nur der Idee nach bestehenden, in Wirklichkeit aber als Dotterklumpen beharrenden Geschwister aufleckt. Er wird dadurch so groß, daß er schließlich die Kapsel ganz ausfüllt und aus ihr durch Abheben des halbkugelförmigen Deckels austritt. Er ist während seines Eilebens zwar mit einem Velum oder Segel versehen gewesen, hat aber diesen Zustand, in welchem die meisten jungen Bauchfüßer noch eine Zeitlang als frei schwimmende Larven verbleiben, beim Auskriechen schon ganz hinter sich.

Fußnoten

1 Sowohl von Nerita fluviatilis als von ausländischen Arten (Nerita pulligera) wird angegeben, sie trügen ihre Eier (Eikapseln) auf dem Rücken. Die erste sehr unbestimmte Nachricht ist bei Rumph; schon O. Fr. Müller spricht jedoch seine Zweifel darüber aus und meint, es möchte irgend ein anderer Laich gewesen sein. Der erfahrene Johnston tritt ihm bei.


Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 292.
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