Tüpfelkatze (Felis viverrina)

[482] Die Tüpfel- oder Wagatikatze, Tarai der Indier (Felis viverrina, F. viverriceps, bengalensis, himalayana und celidogaster, Viverriceps viverrina), erreicht kaum die Größe unserer Wildkatze; ihre Leibeslänge beträgt ungefähr 1 Meter, wovon 20 bis 22 Centim. auf den Schwanz zu rechnen sind. Im Vergleiche zur letztgenannten erscheint sie gestreckter gebaut und merklich niedriger gestellt, auch kleinköpfiger und schmächtiger. Die Grundfärbung ist ein schwer zu bestimmendes Gelblichgrau, welches bald mehr ins Grauliche, bald mehr ins Bräunliche spielt, je nachdem die Mittelfärbung der an der Wurzel dunkelgrauen, in der Mitte gelblichen, an der Spitze bräunlichen oder schwarzen Haare mehr oder minder zur Geltung gelangt. Ueber die Stirn verlaufen zwei aus dichtstehenden Flecken gebildete Seiten-und drei weniger unterbrochene Mittellängsstreifen, welche sich im Nacken in länglichrunde Tüpfelflecken auflösen, über die Wangen, welche weißlich aussehen wie die Oberlippe, Kehle und Unterseite, zwei ununterbrochene Seitenstreifen. Die ganze Oberseite nebst Armen und Schenkeln trägt länglichrunde dunkelbraune bis braunschwarze Flecken; die Beine zeigen aus Flecken gebildete Querbinden; der Schwanz ist acht bis neunmal, unterseits meist unterbrochen geringelt. Das Auge hat erzgelbe, das Ohr, mit Ausnahme eines eiförmigen hellen Mittelfleckens, schwarze, innen weißliche Färbung. Vielfache Abänderungen der Grundfärbung und Zeichnung haben verleitet, Spielarten unserer Katze als besondere Arten zu beschreiben.

Durch die neueren Forschungen ist festgestellt worden, daß die Tüpfelkatze ein weites Gebiet bewohnt: ihr Verbreitungskreis dehnt sich über ganz Ostindien mit Ceilon, Nepal, Burma, Malakka aus und reicht bis Formosa. In Tenasserim ist sie gemein, in den übrigen Ländern wenigstens nicht selten; nur in Formosa begegnet man ihr, laut Swinhoe, weil ihr eifrig nachgestellt wird, nicht eben oft. Ueber ihr Freileben mangelt genauere Kunde; doch scheint es, daß sich dasselbe von dem Thun und Treiben anderer Wildkatzen nicht wesentlich unterscheidet. Gefangene, welche im Londoner Tiergarten gepflegt wurden, waren scheu und unfreundlich, auch ebenso schwer zu behandeln und zu erhalten wie andere Wildkatzen, von denen sie übrigens durch eine höchst unangenehme Ausdünstung, welche ihre Beobachtung und Pflege äußerst unbehaglich machte, sehr zu ihrem Nachtheile sich unterschieden. Auf Formosa wird das weiche, hübsche Fell der Tüpfelkatze zu Halskragen und Aufschlägen verwendet und verhältnismäßig theuer, mit vier bis fünf Mark nämlich, bezahlt, sie eben deshalb ununterbrochen verfolgt und mehr und mehr ausgerottet, wenigstens in allen bebauten Gegenden, während ihr die Waldungen des Inneren, ebenso gut wie unsere Gebirgswälder der Wildkatze, noch auf lange hin Zuflucht gewähren mögen.

Eher als die Tüpfelkatze könnte man den Serwal als Vertreter einer besonderen Sippe gelten lassen, hat ihn auch zu solchem erhoben, schließlich jedoch immer wieder mit den übrigen Katzen vereinigt. Gestalt und Wesen stempeln ihn zu einem Verbindungsgliede zwischen Katzen und Luchsen. Er ist im ganzen schmächtig gebaut, aber hoch gestellt, sein Kopf länglich, seitlich zusammengedrückt, wegen der auffallend großen, an der Wurzel breiten, an der Spitze eiförmig zugerundeten Ohren absonderlich hoch erscheinend, sein Schwanz mittellang, so daß er höchstens die Ferse erreicht, das Auge klein, merklich schief gerichtet, der Stern länglichrund, die Behaarung ziemlich lang, dicht und rauh.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. CDLXXXII482.
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