Feldsperling (Passer montanus)

[320] In Mittel- und Nordeuropa, ganz Mittelasien und ebenso in Nordafrika lebt neben dem Hausspatz ein anderes Mitglied der Familie, der Feldsperling, Holz-, Wald-, Weiden-, Nuß-, Rohr-, Berg-, Braun-, Roth-, Ringel-Sperling, -Spatz oder -Fink (Passer montanus, campestris, montaninus und arboreus, Fringilla montana und campestris, Pyrgita montana, campestris und septentrionalis, Bild S. 315). Seine Länge beträgt einhundertundvierzig, seine Breite zweihundertundfünf, die Fittiglänge fünfundsechzig, die Schwanzlänge fünfundfunfzig Millimeter. Oberkopf, Schläfen und Nacken sind matt rothbraun, die Zügel, ein Strich unter den Augen, ein Fleck auf der hinteren Ohrgegend, ein solcher am Mundwinkel und ein breiter, latzartiger auf Kinn und Kehle schwarz, die Backen und oberen Halsseiten weiß, die Untertheile bräunlichweiß, in der Mitte heller, seitlich fahlbräunlich, die Unterschwanzdeckfedern ebenso, weißlich umrandet, Hinterhals, Mantel und Schultern auf rostrothem Grunde mit breiten, schwarzen Längsstrichen gezeichnet, Bürzel und obere Schwanzdecken rostfahlbraun, die Schwingen schwarzbraun, außen schmal, die Armschwingen breiter und etwas lebhafter rostfahl gesäumt, die Armschwingendecken fast an der ganzen Außenfahne rostroth, an der Spitze weißlich, die Flügeldeckfedern dunkel rothbraun, die größten derselben an der Wurzel schwarz, übrigens weiß, wodurch eine Querbinde entsteht, die Schwanzfedern braun, außen schmal fahl gesäumt. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel schwarz, der Fuß röthlich hornfarben. Beim Weibchen ist der schwarze Ohrfleck ein wenig kleiner.

Der Feldsperling ist in Mitteleuropa allerorten häufig, in Südwesteuropa sehr selten, in ganz Mittelasien überaus gemein, selbst noch auf Malakka und Java heimisch, dringt bis in den Polarkreis vor, ersetzt am unteren Ob, in China, Japan, auf Formosa und in Indien den Haussperling und ist in Australien wie auf Neuseeland mit Erfolg eingebürgert worden. Abweichend von unserem Spatz, bevorzugt er bei uns zu Lande und ebenso in Westsibirien das freie Feld und den Laubwald Dörfern und Städten. Zu den Wohnungen der Menschen kommt er im Winter; im Sommer hingegen hält er sich da auf, wo Wiesen mit Feldern abwechseln, und alte, hohle Bäume geeignete Nistplätze ihm gewähren. Hier lebt er während der Brutzeit paarweise, gewöhnlich aber in Gesellschaften. Diese streifen in beschränkter Weise im Lande hin und her, mischen sich unter Goldammer, Lerchen, Finken, Grünlinge, Hänflinge und andere, besuchen die Felder oder, wenn der Winter hart wird, die Gehöfte des Landmannes und zertheilen sich in Paare, wenn der Frühling beginnt.

In seinem Wesen ähnelt der Feldsperling seinem Verwandten sehr, ist aber, weil ihm der innige Umgang mit den Menschen mangelt und Gelegenheit zur Ausbildung fehlt, nicht so klug als dieser. Er trägt sein Gefieder knapp, ist keck, ziemlich gewandt und fast immer in Bewegung. Sein Flug ist leichter, der Gang auf dem Boden geschickter, der Lockton kürzer, gerundeter als der seines Vetters, demungeachtet jedoch ein echtes Sperlingsgeschrei, welches nicht verkannt werden kann.

Vom Herbste bis zum Frühlinge bilden Körner und Sämereien, im Sommer Raupen, Blattläuse und anderes Ungeziefer die Nahrung des Feldspatzes. Auf Weizen- und Hirsefeldern richtet er zuweilen Schaden an; dagegen läßt er die Früchte und die keimenden Gartenpflanzen unbehelligt. Seine Jungen füttert er mit Kerbthieren und mit milchigen Getreidekörnern auf.

[320] Die Brutzeit beginnt im April und währt bis in den August; denn auch der Feldspatz brütet zwei- bis dreimal im Jahre. Das Nest, welches immer in Höhlungen, vorzugsweise in Baumlöchern, seltener in Feldspalten, oder an entsprechenden Stellen in Gebäuden, in Ungarn regelmäßig auch in dem Unterbaue großer Raubvogel-, zumal Adlerhorste steht, gleicht in seiner Bauart der Brutstätte seines Verwandten. Das Gelege besteht aus fünf bis sieben Eiern, welche denen des Haussperlings sehr ähneln, aber etwas kleiner, durchschnittlich neunzehn Millimeter lang und vierzehn Millimeter dick sind. Männchen und Weibchen brüten abwechselnd und zeitigen die Eier in dreizehn bis vierzehn Tagen. Nicht selten paart sich der Feldsperling mit seinem Verwandten und erzeugt mit diesem Junge, welche, wie man annimmt, wiederum fruchtbar sind. Im Nestkleide ähneln diese Blendlinge jungen Hausspatzen, sind aber dunkler auf dem Kopfe und durch den schwarzgrauen Fleck an der Kehle ausgezeichnet. In solchen Mischlingsehen pflegt der männliche Gatte gewöhnlich ein Feldsperling, der weibliche ein Hausspatz zu sein.

Auf Finkenherden wird dieser Spatz oft in Menge gefangen, aber auch durch Vogelleim, Schlingen und Dohnen, durch Schlaggarne und Fallen anderer Art leicht berückt. Die übrigen Feinde sind dieselben, welche dem Haussperlinge nachstreben.


*


Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 320-321.
Lizenz:
Kategorien: