Bandvogel (Amadina fasciata)

[358] Der Bandvogel oder Halsbandfink (Amadina fasciata und detruncata, Loxia fasciata und jugularis, Fringilla detruncata, Sporothlastes fasciatus) darf als bekanntester Vertreter der Unterfamilie gelten. Der Schnabel ist sehr stark, kaum länger als breit und hoch, der Oberschnabel am Firstengrunde platt, seitlich der Firste bogenförmig in die Stirn tretend, der Unterschnabel sehr breit, der Flügel mittellang, die zweite und dritte Schwinge etwa gleich lang und am längsten, der Schwanz kurz und abgerundet. Die Gesammtlänge dieses niedlichen Vogels beträgt einhundertfünfundzwanzig, die Breite zweihundertundzehn, die Fittiglänge dreiundsechzig, die Schwanzlänge vierzig Millimeter. Beim Männchen bildet ein angenehmes Fahlbraun die Grundfärbung; der Rücken ist dunkler, die Unterseite lichter, jede Feder schwarz gewellt, oder, wie auf der Oberbrust, schwarz gesäumt; einzelne Brust- und Seitenfedern zeigen einen schwarzen, wie ein V gestalteten, die Oberflügeldeckfedern am Ende einen großen grauröthlichen Fleck, welcher durch einen schwarzen Halbmond vor ihm besonders hervorgehoben wird; die Schwingen sind braun, fahl gesäumt, die Schwanzfedern mattschwarz, unten graulich, auf der Außenfahne der Außenfedern weiß; ein ebenso gefärbter Endfleck ziert die übrigen, mit Ausnahme der beiden mittleren ganz schwarzen. Das Männchen unterscheidet sich vom Weibchen durch schönere Färbung und ein breites, prächtig karminrothes Halsband, welches von einem Auge zu dem anderen über das weiße Untergesicht und die weiße Kehle verläuft. Das Auge ist dunkel-, Schnabel und Füße sind blaßbraun.

Wir kennen den Bandvogel seit mehreren Jahrhunderten als Bewohner Westafrikas; sein Verbreitungsgebiet beschränkt sich aber nicht bloß auf den Westen des Erdtheiles, sondern reicht von hieraus bis zur Ostküste. In den Nilländern begegnet man ihm vom sechzehnten Grade nördlicher Breite an überall in den dünn bestandenen Wäldern der Steppe. Die eigentliche Wüste meidet er; mit der Grenze des Regengürtels aber findet er sich, und wo er vorkommt, ist er nicht selten. In den Urwaldungen fehlt er oder verweilt, wenn er sie wirklich besucht, in ihnen immer nur kurze Zeit. Diese Waldungen bieten ihm nicht die samenreichen Gräser und andere niedere Bodenpflan zen, auf und unter denen er sein Futter sucht. Ob er Früchte frißt, vermag ich nicht zu sagen; in Ostafrika ist dies wahrscheinlich nicht der Fall. Hier würde er auch lange suchen müssen; denn außer den kleinen Früchten des Christusdornes findet er nichts weiter. Die Gefangenen knabbern jedoch gern an Obst und dergleichen, und so dürfen wir annehmen, daß der Bandvogel unter Umständen solch leckere Kost wohl nicht verschmäht. Körner, und namentlich Grassämereien, bleiben immer sein Hauptfutter.

In Nordostafrika begegnet man ihm gewöhnlich in Gesellschaften von zehn bis vierzig Stück. Ich meinestheils habe ihn nie paarweise gesehen, ihn während seiner Brutzeit freilich auch nicht [358] beobachten können. Der Flug vereinigt sich oft mit anderen Verwandten, und es mag wohl sein, daß die bunte Gesellschaft dann längere Zeit gemeinschaftlich im Lande auf und nieder streicht. Ein solcher Schwarm nähert sich furchtlos der Hütte des Dörflers. In den Vormittagsstunden sieht man ihn, emsig mit Aufnehmen der Nahrung beschäftigt, auf dem Boden umherlaufen, niemals aber auf den niederen Gräsern klettern. Stört man die Gesellschaft, so erhebt sie sich, fliegt einem der benachbarten Bäume zu, putzt und nestelt im Gefieder, und die Männchen beginnen zu singen. Sobald die Störung vorüber ist, kehren alle zum Boden zurück; naht ein Raubvogel, so fliegt der Schwarm geschlossen pfeilschnell davon, irgend einem dichten dornigen Busche oder Baume zu, welcher die nöthige Sicherheit verspricht. In den Mittagsstunden sitzt die Gesellschaft still in den Zweigen eines schattigen Baumes und gibt sich einem Halbschlummer hin. Nachmittags fliegt sie wiederum nach Nahrung aus.

Das Nest kenne ich nicht; ich weiß aber, daß die Brutzeit, in Ostafrika wenigstens, in den September und Oktober fällt, welcher Zeitabschnitt unseren letzten Frühlingsmonaten zu vergleichen ist. Gefangene tragen die ihnen gereichten Baustoffe zu einem mehr oder weniger geordneten Neste zusammen, legen sechs bis neun weiße Eier, brüten abwechselnd, zeitigen die Eier in dreizehn Tagen und füttern gemeinschaftlich die Jungen auf. Letztere erhalten sofort das Kleid ihrer Eltern.

In den oberen Nilländern stellt dem Bandfinken niemand, in Westafrika fast jedermann nach, um ihn an die Vogelhändler in den Küstenorten zu verkaufen. Durch Vermittelung dieser Leute erhalten wir ihn alljährlich zu tausenden, da er die Reisebeschwerden trefflich übersteht. Er hält sich bei der einfachsten Pflege, schreitet, paarweise gehalten, regelmäßig zur Fortpflanzung, fesselt anfänglich durch die Schönheit seines Gefieders oder die Anmuth seiner Bewegungen und wird mit der Zeit ebenso langweilig wie alle seine Verwandten.


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 358-359.
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