[148] Bernard, Claude, geb. 1813 in Villefranche bei Lyon, arbeitete in letzterer Stadt eine Zeitlang als Lehrling in einer Apotheke und ging dann nach Paris, um sich dort litterarisch zu beschäftigen. Mit einer fünfaktigen Tragödie in der Hand, meldete er sich in Paris bei dem bekannten Akademiker St. Marc-Girardin, dem er warm empfohlen war. Schon bei der ersten Unterhaltung gelang es letzterem, B. zu überzeugen, dass ihm das Talent fehle, eine litterarische Carrière einzuschlagen; es wurde ihm geraten, Medizin zu studieren. Seine Studien zogen sich lange hin, da fast alle seine Bewerbungen um irgend eine Anstellung an einem Spital erfolglos waren. Erst 1843 (in seinem 30. Jahre) gelang es ihm, das Doktordiplom zu erzwingen. Feind jedes Charlatanismus, gewissenhaft in seinen Untersuchungen und besonders Feind der inhaltlosen und schwülstigen[148] Beredsamkeit, welche an der med. Fakultät in Paris immer die Hauptrolle spielte, unterlag B. auch bei den Konkursen um die Funktion eines Professeur agrégé. Verzweifelt und mittellos, war B. schon im Begriff, die Stelle eines Arztes auf dem Lande anzunehmen, als eine Heirat mit einer reichen Erbin ihn endlich in Stand setzte, seine wissenschaftliche Laufbahn weiter zu verfolgen. Magendie, damals Professor der Physiologie am Collège de France, nahm ihn als Assistenten an, und hier entwickelte sich das grosse vivisektorische Talent des bald berühmt gewordenen Forschers Seine ersten Untersuchungen haben ihm schnell einen Namen in ganz Europa verschafft; in Frankreich blieb er dank kleinlicher Intriguen lange noch ganz unbekannt. Erst in seinem 40. Lebensjahre gelang es ihm, aus der untergeordneten Stellung herauszukommen; nachdem er das Diplom des Docteur des Sciences erworben hatte, wurde er zum Professor der allgemeinen Physiologie an der Sorbonne ernannt. Seitdem folgten schnell nach einander Ehren und Stellungen in reichlicher Fülle. Nach dem Tode Magendie's wurde er dessen Nachfolger im Collège de France. Seine Ernennung als ordentliches Mitglied der Académie des sciences folgte bald darauf. 1868 wurde B. zum Mitglied der Académie française als Nachfolger von Flourens erwählt und bald darauf zum lebenslänglichen Senator des Kaiserreichs ernannt. Infolge eines schweren Leidens (das er sich in dem feuchten Keller zugezogen hatte, der ihm als Laboratorium im Collège de France diente), musste er seine Lehrthätigkeit 1866 unterbrechen und 1868 seinen Lehrstuhl in der Sorbonne gegen den im Muséum d'histoire naturelle vertauschen. B. kränkelte fortwährend und starb 10. Februar 1878 infolge von Urämie. Seine Beerdigung erfolgte auf Staatskosten. B. gehört zu den hervorragendsten Physiologen der Neuzeit. Trotzdem er nur mit beschränkten Hilfsmitteln in feuchten Kellerräumen, die ihm als Laboratorium dienten, arbeitete, ist er doch einer der glücklichsten und glänzendsten Experimentatoren geworden. Seine Genialität wird am besten durch den wenig bekannten Umstand gekennzeichnet,[149] dass er seine epochemachendsten Entdeckungen im Laufe seiner Vorlesungen bei den Demonstrationen gemacht hat. B. debutierte mit der Aufklärung der lange streitigen Frage über die Sensibilité recurrente; bald darauf folgten Untersuchungen über die Funktionen der verschiedenen Hirnnerven, welche später von ihm in den berühmten »Leçons sur la Physiologie et la pathologie du systeme nerveux« (Paris 1858) zusammengefasst wurden. Zu den weittragendsten und wichtigsten seiner Entdeckungen muss man die der vasomotorischen Funktionen des Halssympathicus, der sekretorischen der Chorda tympani und die Bildung des Zuckers nach Ausführung eines Stiches in den Boden des vierten Ventrikels zählen. Seine klassischen Untersuchungen über die Funktionen des Pankreas, der Magendrüsen, der Leber etc. sind in den »Leçons sur les liquides de l'organisme de« (ib. 1859) und »Leçons sur la physiologie experimentale appliquée à la médecine« (ib. 1856) niedergelegt. Von seinen anderen Werken seien die folgenden hervorgehoben: »Sur les substances toxiques« (ib. 1857) – »Sur les anésthetiques« (1875) – »Sur les propriétés de tissus vivants« (ib. 1866) – »Sur la chaleur animale« (1876) – »Introduction à l'étude de la médecine expérimentale« (1865) – »Leçons sur le diabète« (1877) – »Leçons sur les phénomènes de la vie« (1878). Eine eigentliche Schule hat B. nicht hinterlassen; seine wissenschaftliche Thätigkeit beruhte, wie E. v. Cyon (im alten B. L.) bemerkt, mehr auf persönlicher Genialität als auf strengen wissenschaftlichen Prinzipien.
Brockhaus-1809: Bernard le Bovier de Fontenelle
Brockhaus-1911: Bernard [2] · Bernard
DamenConvLex-1834: Bernard, Katharina
Eisler-1912: Bernard, Claude · Mandeville, Bernard de · Perez, Bernard · Lamy, Bernard · Bolzano, Bernard · Bosanquet, Bernard
Meyers-1905: Mount St. Bernard · Bernard
Pagel-1901: Marfan, Jean Bernard Antonin · Tilanus, Christian Bernard · Corput, Bernard, Eduard H. J. van den · Luys, Jules-Bernard