Erismann, Friedrich

[467] Erismann, Friedrich, geb. 1842 im Ct. Aargau (Schweiz), doktorierte mit einer These »Über Intoxikationsamblyopien« zu Zürich 1867. Er liess sich dann in St. Petersburg als Ophthalmologe nieder (1869) und veröffentlichte 1871 in Graefe's Arch. XVII eine grössere Arbeit: »Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Myopie, gestützt auf die Untersuchung der Augen von 4358 Schülern und Schülerinnen«. In München, wo E. anfangs der siebziger Jahre unter Leitung von Pettenkofer und Voit sich speziell mit Hygiene und Physiologie beschäftigte, schrieb er verschiedene Arbeiten experimentellen Inhalts für die Ztschr. f. Biologie: 1876 veröffentlichte E. in der D. Vrtljhrschr. f. öff. Gesundheitspfl. VIII sein »Projekt eines Musterschulzimmers« nach welchem vom Organisationskomitee der russischen Abteilung d. intern. hyg. Ausstellung in Brüssel ein Schulzimmer eingerichtet war und wofür E. die Palmen eines Officier de l'Académie erhielt. 1878 erschien seine »Gesundheitslehre für Gebildete aller Stände« (München), welche später mehrere Auflagen erlebte. 1877 bis 78 wirkte E. auf spezielle Einladung von seiten des kriegsmed. Departements als Leiter der Kommission zur Assanierung der damals von der Donauarmee besetzten Teile der europäischen Türkei und hat über diese Thätigkeit in der Schrift »Die Desinfektionsarbeiten auf dem Kriegsschauplatze etc.« (München 1879) Bericht erstattet. Nach Beendigung des Krieges wurde E. von den Landschaftsbehörden des Moskauer Gouvernements eingeladen, die Leitung einer eingehenden Enquête über die sanitären Verhältnisse in den Fabriken dieses Gouvernements zu übernehmen. Diese Arbeit, welche E. mit zwei anderen Ärzten durchführte, nahm 5 Jahre in Anspruch; die Resultate derselben sind in 20 Bänden (russisch) niedergelegt. – An dem von Pettenkofer und Ziemssen herausgegebenen Handbuch der Hygiene und der Gewerbekrankheiten nahm E. mit 2 Arbeiten Teil: »Entfernung der Abfallstoffe« und »Schulhygiene« (1882). Unterdessen war E. von der Moskauer Universität zum Ehrendoktor ernannt und auf den vakant gewordenen[467] Lehrstuhl für Hygiene in Moskau berufen worden. Er veröffentlichte in russischer Sprache einen »Kurs der Hygiene« (in 3 Bänden 1886 bis 89) und »Arbeiten aus dem hygienischen Laboratorium der Moskauer Universität« (russ. in 5 Bänden). Als dann 1891 beim hygienischen Institute der Universität ein städtisches Laboratorium zur Untersuchung von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen errichtet und die Leitung desselben E. übertragen wurde, erschienen unter seiner Redaktion vier »Jahresberichte des munizipalen Laboratoriums der Stadt Moskau« (russ.). – Der Jubelband des A. f. Hyg. (XVII) zu Ehren Pettenkofer's brachte eine Arbeit E.'s: »Über die Bedeutung des Raumwinkels zur Beurteilung der Helligkeit in Schulzimmern«. Andere Arbeiten über Schulhygiene wurden von E. in der Zeitschr. f. Schulgesundheitspfl. publiziert. Wir erwähnen: »Die Schulhygiene auf der Jubiläumsausstellung der Gesellschaft für Beförderung der Arbeitsamkeit in Moskau« (Bd. I) und »Die künstliche Beleuchtung der Schulzimmer« (Bd. X). – 1896 war E. infolge fortgesetzter Intriguen gezwungen, den russischen Staatsdienst zu verlassen und seine Stellung an der Universität in Moskau aufzugeben. Er siedelte nach Zürich über und übernahm vom 1. Januar 1898 an die Redaktion der von Kotelmann gegründeten Zeitschr. für Schulgesundheitspflege. Aus dieser letzten Periode stammen u.a. folgende Publikationen E.'s: »Die Entwicklung der landschaftlichen Medizin und Gesundheitspflege in Russland« (D. Vrtjhrschr. f. öff. Gesundheitspfl. XXIX) – »Die Organisation der unentgeltlichen (poliklinischen) Krankenpflege in den grossen Städten Russlands« (Ib. XXX) – »Die hygienische Beurteilung der verschiedenen Arten künstlicher Beleuchtung, mit besonderer Berücksichtigung der Lichtverteilung« (D. Vrtljhrschr. f. öff. Gesundhpfl. XXXI). – Ausserdem publizierte E. zahlreiche populär gehaltene Aufsätze über hygienische Fragen in der russ. illustrierten Zeitschrift »Niwa« und ist beständiger Mitarbeiter an der in Petersburg erscheinenden russ. Ausgabe des Brockhaus'schen Konversationslexikons.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 467-468.
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