Nussbaum, Johann Nepomuk

Nussbaum, Johann Nepomuk
Nussbaum, Johann Nepomuk

[1215] Nussbaum, Johann Nepomuk, der berühmte Chirurg in München, daselbst 2. Sept. 1829 als Sohn eines Ministerialsekretärs geb., studierte in seiner Vaterstadt hauptsächl. als Schüler von Thiersch und später als klin. Assistent von v. Rothmund, promovierte 1853 mit der Diss.: »Über cornea artificialis«, machte dann eine grössere wissenschaftliche Reise, wo er sich in Paris bei Civjale, Nélaton, Chassajgnac, Jobert und Maisonneuve, in Berlin bei v. Langenbeck, in Würzburg bei v. Textor chirurg. weiter ausbildete. Nach München zurückgekehrt, habilitierte er sich 1857 für Chirurgie (»Behandlung der Hornhauttrübungen mit besonderer Berücksichtigung der Einsetzung einer künstlichen Hornhaut«), erhielt 1859 einen Ruf als ord. Prof. der Chir. nach Zürich, den er jedoch ablehnte, um fortab in seiner Vaterstadt seit 1860 in gleicher Eigenschaft bis zu seinem 31. Okt. 1890 erfolgten Tode in segensreichster Weise zu wirken. Er war einer der beliebtesten und gefeiertsten Lehrer der Münchener Hochschule. Von hinreissender Beredsamkeit, war er. wie Angerer in einem Nachruf in D. Med. W. (1891) bemerkte, klar und kräftig im Ausdruck und ein Meister in der Kunst, einen an sich trockenen Stoff durch prakt. Bemerkungen fesselnd darzustellen. Er war ein kühner Operateur. Die Zahl der von ihm gemachten Operationen zählt nach vielen Tausenden, darunter etwa allein 600 Ovariotomien, worin er sich besonders bei Spencer Wells ausgebildet hatte. Im Kriege von 1870/71 war er als konsultierender Generalarzt in geradezu aufopfernder Weise thätig. Trotz aufreibender prakt. Thätigkeit entwickelte N. auch schriftstellerisch eine grosse Fruchtbarkeit. Die Zahl seiner Publikationen beträgt fast 100, darunter ist am bekanntesten der »Leitfaden zur antiseptischen Wundbehandlung«, der in rascher Folge von 1877 bis 89 fünf Auflagen erlebte, auch in fremde Sprachen übersetzt ist. N. hat[1215] sich, nachdem er die Antisepsis bei Lister in Edinburg persönlich kennen gelernt hatte, um Einführung derselben grosse Verdienste erworben. Weitere Publikationen N.'s bestehen abgesehen von seinen Beiträgen zu dem Billroth-Lücke'schen Werke in Monographien und Journalabhandlungen über Krebs und dessen Operation, Nervendehnung, Ovariotomie, Knochentransplantationen, Knieresektion, Radikaloperation der Hernien, Transfusion, Umwandl. maligner Geschwülste in gutartige, ersten Verband bei verschiedenen Verwundungen, Unglücke in der Chirurgie, schmerzlose und unblutige Sekundärnaht u.a.m. Gerühmt wird der überaus grosse Wohlthätigkeitssinn und die Humanität N.'s. 1885 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt München ernannt. In seinen letzten Lebensjahren war seine Thätigkeit durch ein Rückenmarksleiden beeinträchtigt, sodass er 1 J. vor seinem Tode teilweise seine Ämter niederlegen musste.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1215-1216.
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