Pacini, Filippo

[1243] Pacini, Filippo, zu Florenz, geb. 25. Mai 1812 in Pistoja, zeigte schon als Knabe grosse Vorliebe für Naturwissenschaften, besuchte die chir. Schule seiner Vaterstadt und begann daselbst 1830 die anat. Studien mit ausserordentl. Fleisse zu betreiben. Schon 1835, erst 23 Jahre alt, noch als Studierender, legte er der Florentiner Società medico-fisica die Entdeckung der nach ihm benannten Körperchen der Fingernerven vor, hatte aber nicht das Glück, dieselbe von den damaligen Gelehrten gewürdigt zu sehen. Er liess sich aber nicht abschrecken und verfolgte seine Untersuchungen weiter, und mittels eines ihm von Puccini geliehenen Amicischen Mikroskops brachte er seine Arbeiten so weit zum Abschlusse, dass er sie 1839 auf dem wissenschaftl. Kongresse in Pisa demonstrieren und 1840 mit Abbildungen veröffentlichen konnte. Infolge der Reform der med. Studien in Toscana ging P. 1840 nach Pisa und wurde hier Assistent des[1243] Prof. Savi, womit er Gelegenheit zu weiteren Studien fand. Mit Hilfe eines von ihm vervollkommneten, unter Amici's Leitung ausgeführten Mikroskops untersuchte er nun die menschl. Retina und veröffentlichte 1844 deren Beschreibung. Trotzdem fand er noch immer keine Anerkennung, ja sogar heftige Anfeindung, erhielt 1847, statt der Lehrkanzel an der Univ. Pisa, die Lehrkanzel für deskript. und Maler-Anatomie in Florenz und erst 1849 wurde er zum Prof. der topogr. Anat. und der Histologie ernannt. In dieser Stellung konnte er sich nun seinen histolog. Studien hingeben und veröffentlichte 1852 seine Arbeiten über das elektr. Organ des Gymnotus electricus im Vergleich mit demselben Organ anderer elektr. Fische. Während der Cholera-Epidemie 1854 bis 55 untersuchte er mit grossem Fleisse, von seinem damaligen Assistenten, dem späteren Prof. der Augenheilk. in Bologna, Magni, unterstützt, die Veränderungen der Darmschleimhaut der Choleraleichen. Diese mikroskopische Untersuchung ergab ihm die Existenz von Millionen stäbchenförmiger Körper, die er als Mikrobien ansah und auch so benannte, und welche er für die eigentlichen Erreger der Cholera erklärte. Diese wären von Indien nach Europa verschleppt und da sie hier nicht die Bedingungen einer dauernden Existenz vorfänden, gingen sie nach 2- oder 3jähr. Bestehen unter, und hiermit erlösche die Epidemie. Den Tod der Cholerakranken erklärte er durch den Wasserverlust, welche die Mikrobien durch den Abfall der Epithelien erzeugten. Die Koch'schen Komma-Bazillen hat P. wohl von den übrigen Bakterien der Leiche nicht getrennt; jedenfalls aber befinden sich unter den vielen von ihm gerade gezeichneten auch solche kommaförmige, nur hat er nicht die Spezifizität dieser letzteren erkannt. Auch für[1244] die gerichtl. Medizin hat er Bedeutendes geleistet, und zuletzt noch eine Art künstlicher Respiration gelehrt, um. Ertrunkene oder mit Narcoticis Vergiftete ins Leben zurückzurufen. Vor seinem 9. Juli 1883 erfolgten Tode hatte er noch den Schmerz, dass die Accademia dei Lincei in Rom ihn nicht für würdig erachtete, ihr Mitglied zu werden, während seine wissenschaftlichen Arbeiten im Auslande allgem. Anerkennung fanden. Freilich mag sein nervöser Charakter, sein häufig unfreundliches Benehmen ihm hinderlich gewesen sein. Seine zahlreichen Schriften sind bereits im älteren Lexikon von Cantani auf gezählt und können daher hier übergangen werden.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1243-1245.
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