Tardieu, Ambroise-Auguste

Tardieu, Ambroise-Auguste
Tardieu, Ambroise-Auguste

[1690] Tardieu, Ambroise-Auguste, der hervorragendste Vertreter der franz. gerichtl. Med. und einer der thätigsten Schriftsteller auf dem Gebiete der Staatsarzneik., geb. 10. März 1818 zu Paris,[1690] studierte daselbst, promovierte 1843 mit der klass. Diss.: »De la morve et du farcin chronique chez l'homme«, wurde bereits 1844 Agrégé, nahm 1852 an dem glänzenden Konkurse um den Lehrstuhl der Hygiene teil, wobei er zwar Bouchardat weichen musste, jedoch bei dieser Gelegenheit eine These veröffentlichte: »Voiries et cimetières« die lange Zeit für die vollständigste Monographie nach dieser Richtung gehalten wurde. 1861 wurde er, beim Rücktritt von Adelon, Prof. und vertrat 1864 Rayer als Dekan der Fakultät. Nach des letzteren Tode wurde er Vorsitzender der Vereinigung der Ärzte Frankreichs und behielt diese Stellung bis 1876. 1867 wurde er Vorsitzender des »Comité consultatif d'hygiène«. Seit 1859 Mitglied der Acad. de méd., wurde er 1867 deren Präsident. Auch war T. Arzt am Hôtel-Dieu. Infolge längerer Krankheit musste er schon mehrere Jahre vor seinem Tode den akad. Unterricht und die anderen Ämter aufgeben und starb 12. Jan. 1879. – T. gehört zu den bedeutendsten Gerichtsärzten unserer Zeit und genoss lange Zeit als gerichtl. Experte mit Recht ein ungeheures Ansehen. An der Hand einer so reichen Erfahrung und eines so kolossal vielseitigen gerichtsärztl. Materials, wie die Pariser Verhältnisse es darboten, entfaltete T. eine ganz bedeutende litter. Thätigkeit, die sehr wertvolle Arbeiten hervorrief. Ausser zahlr. Publikationen in den 1829 unter Orfila gegründeten und seit 1879 in 3. Serie erscheinenden »Annales d'hygiène[1691] publique et de médecine légale«, deren Mitherausgeber und eifrigster Mitarbeiter T. war, verfasste er noch eine grosse Reihe im älteren Lexikon angeführter selbständiger Werke. Seine letzten Arbeiten waren die 1879 erschienenen: »Ét. méd.-lég. sur les maladies produites accidentellement ou involontairement« und die »Étude sur les blessures«. – T.'s Hauptstärke war die Kasuistik und seine Hauptleistung die Mitteilung der von ihm gesehenen und begutachteten Fälle, mit Darlegung der daraus deduzierten Erfahrungssätze. Tiefere Untersuchung gerichtsärztl. Fragen, insbesondere experiment. Prüfung derselben, war weniger seine Sache. Übrigens war er nicht bloss ein Mann der Feder, sondern auch des Wortes. Auch hat er sich als Mensch durch Uneigennützigkeit und eine sehr wohlwollende Gesinnung ausgezeichnet.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1690-1692.
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1690 | 1691 | 1692
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