Wille, Ludwig

[1853] Wille, Ludwig, in Basel, geb. 30. März 1834 in Kempten (Bayern), studierte in[1853] München und Erlangen, widmete sich bald unter Solbrig's Anleitung der Psychiatrie, wurde 1858 in Erlangen mit der Diss.: »Ist die Melancholie eine psych. Depressionsform?« promoviert, war 1857 bis 59 an der Erlanger Irrenanstalt als Assistent angestellt, wurde 1859 zweiter Arzt der Münchener Anstalt, 1863 Direktor in Münsterlingen (Kt. Thurgau), 1867 in Rheinau, 1873 in St. Urban (Kt. Luzern) und 1875 ord. Prof. der Psychiatrie in Basel und Direktor der Irrenanstalt daselbst. Er hat seit 1862 eine Anzahl kleinerer und grösserer Arbeiten aus dem Gebiete der wissenschaftl., prakt. und forens. Psychiatrie, dann der Psychologie (über syphilitische Psychosen, Psychosen des Greisenalters, Zwangsvorstellungen, über das Gemüt) und über No-restraint verfasst. Er erweiterte die Irrenanstalt Münsterlingen, baute u. organisierte die Irrenanstalten in Rheinau, St. Urban und Basel, gründete einen geregelten theoret. und praktischen psychiatrischen Unterricht in Basel und war 1864 einer der Gründer des Vereins schweizerischer Irrenärzte. W.'s Hauptaufgabe sah er immer in seiner psychiatrischen praktischen Thätigkeit, Studien über Bau und Organisation der Irrenanstalt, Beköstigung, Beschäftigung und Unterhaltung der Kranken, also in ökonomischer und administrativer Thätigkeit, sodann in der streng und sorgfältig geleiteten individuellen Krankenbehandlung. Seit seiner Übersiedelung nach Basel war seine vorwaltende Thätigkeit die als Lehrer der theoretischen, klinischen und forensen Psychiatrie und als psychiatr. Sachverständiger pro foro. Eine grössere Anzahl wissenschaftlicher u. kasuistischer Arbeiten finden sich auch in den Jahresberichten der Basler Irrenanstalt gedruckt, ebenso einschlägige Arbeiten in den Jahresberichten des Basler Irrenhilfsvereins.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1853-1854.
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