VII. Mrat lankoul (Mṛityu-lâ gala-Upanishad).

[850] Diese Upanishad beschäftigt sich mit einem jener (von Ṛigv. 7,59,12 an öfter vorkommenden) Mantra's, welche der »Abwehr des [vorzeitigen] Todes« (mṛityujaya) dienen sollen. Zu diesem Zwecke wird hier der Spruch Taitt. Âr. 10,12 eingeschärft. Vorher geht ihm eine Formel, welche den Schluss von Taitt. Âr. 10,11 in der Atharva-Rezension bildet (oben S. 252), wonach der korrupte Text zu verbessern war. Jedes Wort des Spruches rückt, wenn es vergessen wird, die Todesstunde um einen Monat näher. – Das als Titel in der Mehrzahl der Handschriften überlieferte mṛityu-lâ galam »Todespflug« ist wohl daraus zu erklären, dass der Tod als Jäger seine Schlingen (pâça) legt, indem er sie auf dem Felde unter Stoppeln und Gestrüpp versteckt; durch unsern Spruch werden diese Schlingen, wie durch einen Pflug, aufgepflügt und dadurch unschädlich gemacht. – Unsere Übersetzung folgt der Ausgabe von Col. Jacob (Indian Antiquary 16,287) unter Benutzung der von ihm mitgeteilten Variante der Burnell'schen Ausgabe.


Om! Wir wollen den Todespflug erklären. Von diesem Todespflug-Spruche ist das Metrum Anushṭubh, die Gottheit Kâlâgnirudra, der Dichter Vasishṭha; seine Verwendung ist beim Herannahen des, Yama als Gottheit habenden, Todes (lies: Yama-devatâ-mṛityûpasthâne).


»Nunmehr der Yoga: meine Zunge ist Süsses redend; ich bin nicht in der Zeit, sondern bin die Zeit selbst.1


Ṛitam satyam param Brahma

Purusham kṛishṇapi galam

Ûrdhvali gam virûpâksham; –

Viçvarûpâya namo namaḥ!

Om, krâm krîm, svâhâ!
[851]

(Als Recht, Wahrheit, höchstes Brahman,

Den schwarz-und-gelben Purusha,

Des Li gam hoch, des Aug' seltsam [rufe ich an]; –

Dem allgestalt'gen Ehre sei!)«


Wer diesen (masc). Mṛityulâ gala[-Mantra] morgens, mittags und abends hersagt, der entlastet sich von Brahmanenmord, der wird aus einem Golddiebe zum Nichtdiebe, aus einem Lehrersbettbeflecker zum Nichtbeflecker, der wird von allen Hauptsünden und Nebensünden alsobald frei.

Dieser Spruch, wenn einmal hergesagt, bringt dieselbe Frucht wie achttausend Gâyatrî's; wer ihn acht Brahmanen lehrt, erlangt die Welt Brahman's und Rudra's. Wer ihn nicht mitteilt, der wird fleckig, räudig oder krank an den Nägeln. Wer ihn aber, wenn er ihm mitgeteilt wird, nicht behält, der wird blind, taub oder stumm.

Wenn der Tod herannaht, so wird innerhalb der sechs Monate vor demselben dieser Spruch vergessen; [wo nicht, so] lässt sich durch das erwähnte Hersagen dieses grossen, Mṛityulâ gala genannten Mantra der erhabene Fürst der Gerechtigkeit, Yama, begütigen.


Om!


Wem entschwunden das Wort ṛitam,

Der stirbt schon nach sechs Monaten;

Nach fünf, wem auch entschwand satyam,

Nach vier, wem param Brahma auch;


Nach dreien, wem auch purusham,

Nach zwei'n, wem kṛishṇapi galam;

Wem ûrdhvali gam, nach einem,

Virûpâksham, nach diesem halb;

Viçvarûpam, nach drei Tagen,

Namo namaḥ, sogleich darauf,

namo namaḥ, sogleich darauf.


Fußnoten

1 Die im Texte zunächst folgenden Worte sind wohl nur eine erklärende Glosse; sphena-(lies: çyâma-)kapila-rûpâya ist Erklärung von kṛishṇapi galam.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 850-852.
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