Vierter Khaṇḍa.

[120] 4.-9. Khaṇḍa: Satyakâma, der Sohn der Jabâlâ von ungewisser Abstammung, wird von Hâridrumata an seiner Offenherzigkeit als Brahmane rekognosziert, in die Lehre genommen und zunächst mit dem Hüten der Kühe betraut. Hierbei wird ihm (ähnlich wie Ex. 3 dem Mose durch den brennenden Busch) eine übernatürliche Offenbarung durch Stier, Feuer, Gans und Tauchervogel zuteil, welche hier, nach Ça kara's wohl annehmbarer Erklärung, Repräsentanten der drei Hauptgötter der Brâhmaṇazeit, Vâyu, Agni, Âditya und zuviert des Prâṇa sind. Der Inhalt dieser Offenbarung ist nicht (wie bei dem erwähnten semitischen Analogon) von praktischer Tendenz, sondern behandelt bloss theoretisch die vier Füsse des Brahman, worunter hier (im Gegensatze zu Ṛigv. 10,90,3. Chând. 3,12,5. Bṛih. 5,14), ähnlich wie Chând. 3,18, nur die vier Erscheinungsformen des Brahman als Weltgegenden, Weltteile, Weltlichter und Lebenshauche (jedes wiederum in vier Teile zerfallend) zu verstehen sind. Das Wesen selbst hingegen des in diesen vier vierfachen Formen erscheinenden Brahman wird von Stier, Feuer, Gans und Tauchervogel nicht offenbart, sondern dem Lehrer bleibt es vorbehalten, dasselbe mitzuteilen. Was er dem Satyakâma mitteilt, wird freilich nicht gesagt; schwerlich aber wird es nochmals die Lehre von den vier Füssen des Brahman gewesen sein (wie Ça kara meint), sondern wahrscheinlich die Wissenschaft von Brahman selbst und dem Wege zu ihm, in deren Besitz sich Satyakâma im folgenden Abschnitte befindet.


1. Satyakâma Jâbâla sprach zu seiner Mutter Jabâlâ: »Ich will, Verehrliche, als Brahmanschüler eintreten; sage mir, aus welcher Familie ich bin.« –

2. Sie sprach zu ihm: »Das weiss ich nicht, mein Junge, aus welcher Familie du bist; in meiner Jugend kam ich viel herum als Magd; da habe ich dich bekommen; ich weiss es selbst nicht, aus welcher Familie du bist; ich heisse Jabâlâ und du heissest Satyakâma; so nenne dich denn [statt nach dem Vater] Satyakâma, Sohn der Jabâlâ.«

3. Da ging er zu Hâridrumata, dem Gautamer, und sprach: »Ich möchte bei Ew. Ehrwürden als Brahmacârin eintreten, Ew. Ehrwürden wollen mich aufnehmen!« –

4. Er sprach zu ihm: »Aus welcher Familie bist du, mein Lieber?« – Er sprach: »Das weiss ich nicht, Herr Lehrer, aus welcher Familie ich bin; ich habe die Mutter gefragt; die hat mir geantwortet: ›In meiner Jugend kam ich viel herum als Magd; da habe ich dich bekommen; ich weiss es selbst[121] nicht, aus welcher Familie du bist; ich heisse Jabâlâ und du heissest Satyakâma‹. So nenne ich mich denn Satyakâma, den Sohn der Jabâlâ, Herr Lehrer.« –

5. Er sprach zu ihm: Nur ein Brahmane kann so offen sprechen; hole das Brennholz herbei, mein Lieber [das zur Zeremonie erforderlich ist], ich werde dich aufnehmen, weil du nicht von der Wahrheit abgegangen bist.«

Nachdem er ihn aufgenommen hatte, sonderte er magerer und schwacher Rinder ein Vierhundert aus und sprach: Diesen, mein Lieber, gehe nach, sie zu geleiten.« – Er trieb sie von dannen und sprach: Nicht, ehe es tausend geworden sind, will ich heimkehren.« Und er blieb eine Reihe von Jahren in der Fremde.

Als es nun tausend geworden waren,

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 120-122.
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