[140] Wenn die äusseren Begriffe sich austauschen lassen, so lässt sich auch- der Mittelbegriff mit beiden austauschen; wenn also A von C vermittelst B ausgesagt werden kann, so findet, wenn der Austausch statthaft ist und also C in allen A enthalten ist, auch der Austausch von B mit A statt und B ist dann vermittelst C in allen A enthalten; ferner tauscht sich C mit B vermittelst A um. Dasselbe gilt für die verneinenden Sätze; wenn also B in dem C enthalten ist und A in B nicht enthalten ist, so wird auch A nicht in C enthalten sein. Wenn nun B mit A sich austauschen lässt, so wird auch C sich mit A austauschen lassen. Denn es sei also B in A nicht enthalten, so ist auch. C nicht in A enthalten, denn B war in allen C enthalten. Wenn ferner C sich mit B austauschen lässt, so lässt es sich auch mit A; denn von allem, wovon B ausgesagt werden kann, kann es auch C. Und wenn C sich mit A austauschen lässt, so lässt sich auch B mit A austauschen, denn C ist in allen B enthalten; aber in dem, worin C enthalten, ist A nicht enthalten. Nur in diesem letzten Falle fängt man bei verneinenden Schlüssen mit dem Schlusssatze an, in den übrigen Fällen aber nicht so und auch nicht so wie bei dem bejahenden Schlusse.
Wenn ferner A und B sich austauschen lassen und ebenso C und D und wenn jedem Dinge entweder A oder C zukommen muss, so wird dies auch für B und D gelten, dass eines von beiden allen Dingen zukommt. Denn wenn allem, dem A zukommt, das B und allem, dem C zukommt, das D zukommt und wenn allen Dingen entweder A oder C zukommt und nicht beiden zugleich, so ist es klar, dass auch B oder D, aber nicht beide zugleich, allen Dingen zukommen. Wenn z.B. das Unentstandene unvergänglich und das Unvergängliche unentstanden ist, so muss das Entstandene vergänglich und das Vergängliche[140] entstanden sein; denn zwei Schlüsse werden hier verbunden.
Wenn ferner in allen Dingen entweder das A oder das B enthalten ist und ebenso entweder das C oder das D, und beide nicht zugleich in allen Dingen enthalten sein können, so wird, wenn A und C sich austauschen lassen, auch B und D sich austauschen lassen; denn wenn in einem Gegenstande, in welchem C enthalten, B nicht enthalten wäre, so ist klar, dass A darin enthalten sein müsste; und wenn dies mit A der Fall wäre, so wäre es auch mit C der Fall, denn sie lassen sich austauschen. Es wäre also zugleich C und D in einem Dinge enthalten; dies ist aber unmöglich.
Wenn aber A in allen B und in allen C enthalten ist und A von keinem andern Dinge ausgesagt werden kann, und wenn B auch in allen C enthalten ist, so müssen A und B sich austauschen lassen. Denn da A nur von B und C ausgesagt wird und da B nur von sich selbst und von C ausgesagt wird, so erhellt, dass von allen Dingen, von welchen A ausgesagt wird, auch B ausgesagt werden kann, mit Ausnahme des A selbst.
Wenn ferner A und B in dem ganzen C enthalten ist, C aber mit B sich austauschen lässt, so muss A in allen B enthalten sein; denn wenn A in allen C enthalten ist und C in allen B, weil sie sich austauschen lassen, so wird auch A in allen B enthalten sein.
Wenn ferner von zwei Dingen A und B, A wünschenswerther ist, als B und beide einander entgegengesetzt sind und ebenso D wünschenswerther als C, so ist, wenn A und C zusammen wünschenswerther sind als B und D zusammen, das A wünschenswerther als das D. Denn A ist ebenso zu begehren, wie B zu fliehen, da sie Gegensätze sind und dasselbe gilt von D und C, da auch diese einander entgegengesetzt sind. Wenn nun A ebenso stark zu begehren wäre wie D, so wäre auch B so stark zu fliehen wie C. Denn jedes von beiden ist seinem Gegensatze gleich stark entgegengesetzt, nämlich das zu Fliehende dem zu Begehrenden. Folglich wären dann beide A und C zusammen den beiden B und D gleich. Da nun aber nach der ersten Annahme A und C zusammen wünschenswerther sind als B und D, so können sie nicht in gleichem Maasse wünschenswerth sein, sonst[141] würde auch B und D gleich wünschenswerth sein wie A und C. Wäre aber das D wünschenswerther als das A, so wäre auch das B weniger zu fliehen als das C, denn das Geringere ist dem Geringeren entgegengesetzt. Nun ist aber das grössere Gut und das geringere Uebel wünschenswerther als das geringere Gut und das grössere Uebel, also wäre auch B und D zusammen wünschenswerther als A und C zusammen. Dies kann aber, der ersten Annahme zu Folge auch nicht sein, also ist A wünschenswerther als D und C weniger zu fliehen als B.
Wenn also jeder Liebende in Bezug auf den Geliebten lieber wünschte, dass der Geliebte ihm zu Willen sein möchte (das A), wenn er ihm auch nicht wirklich zu Willen wäre (das C), als dass der Geliebte ihm wirklich zu Willen wäre (das D), ohne dies zu mögen (das B), so erhellt, dass ein Verhalten in der Weise das A wünschenswerther ist, als das zu Willen sein. Deshalb ist die liebende Gesinnung des Geliebten wünschenswerther, als der sinnliche Genuss. Wenn dies nun meistentheils der Fall ist, so ist es auch das Ziel der Liebe. Der sinnliche Genuss ist also überhaupt nicht das Ziel der Liebe, oder er ist es nur als Mittel um geliebt zu werden; denn auch die übrigen Bestrebungen und Künste verhalten sich so.
Es ist nun klar, wie sich die Begriffe in Bezug auf die Umkehrung und in Bezug auf das Wünschenswerthere oder das mehr zu Fliehende verhalten. Nunmehr habe ich wohl darzulegen, dass nicht blos die dialektischen und die beweisenden Schlüsse sich in den vorerwähnten Figuren vollziehen, sondern auch die Schlüsse der Redner und dass überhaupt jede Ueberzeugung darauf beruht, mag das Verfahren dabei sein, welches es wolle; denn die Ueberzeugung beruht in allen Dingen entweder auf Schlüssen oder auf der Induktion.
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