Fünfundzwanzigstes Kapitel

[144] Die Apagoge findet statt, wenn es klar ist, dass der Oberbegriff in dem mittleren enthalten ist, aber unbekannt, ob der mittlere in dem unteren enthalten ist, aber dabei letzteres doch glaubwürdig ist, oder wenigstens glaubwürdiger, als das, was der Schlusssatz besagt. Ferner wenn nur wenige Zwischenglieder zwischen dem Unterbegriff und dem Mittelbegriff sind, denn dann ist das Wissen, dass der Oberbegriff in dem Unterbegriff enthalten, näher. So sei z.B. A das Lehrbare, B das Wissen, C die Gerechtigkeit. Hier ist klar, dass das Wissen lehrbar ist, aber es ist unbekannt, ob diese Tugend[144] der Gerechtigkeit ein Wissen ist. Wenn nun der Satz B C eben so glaubwürdig oder noch mehr es ist als der Satz A C, so ist dies eine Apagoge, denn man kommt dem Wissen von A C, was man bisher nicht hatte, näher, wenn man das Wissen von B C zu Hülfe nimmt. Ebenso auch dann, wenn der Mittelbegriffe für B in C nur wenige sind, denn auch dann kommt man dem Wissen von A C näher. So sei z.B. D die Quadratur, E die geradlinige Figur, Z der Kreis; wenn nun für den Satz E Z, nämlich dass der Kreis sich in eine geradlinige Figur umwandeln lässt, nur ein Mittelsatz nöthig wäre, nämlich, dass der Kreis vermittelst der Halbmonde einer geradlinigen Figur gleich werde, so würde man dem Wissen, dass die Quadratur des Kreises geschehen könne, näher stehen. Ist aber der Satz B C nicht glaubwürdiger als der Satz A C, oder sind der Zwischenglieder nicht blos wenige für B in C, so nenne ich solchen Fall nicht eine Apagoge; eben so dann nicht, wenn der Satz B C unvermittelt ist; denn ein solches ist ein Wissen.

Quelle:
Aristoteles: Erste Analytiken oder: Lehre vom Schluss. Leipzig [o.J.], S. 144-145.
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