Neunundzwanzigstes Kapitel

[57] Ein und dasselbe kann durch mehrere verschiedene Beweise dargelegt werden, auch wenn man den nächsten[57] Mittelbegriff nicht aus derselben Reihe verwandter Begriffe entnimmt; z.B. wenn man für die Begriffe A und B nicht blos die Mittelbegriffe C oder D und Z benutzt, sondern die Mittelbegriffe aus einer anderen Reihe entnimmt So sei z.B. A das sich Verändern D das sich Bewegen, B das sich Freuen und ferner H das ruhig sein. Hier kann nun in Wahrheit D von B und A von D ausgesagt werden; denn wer sich freut, bewegt sich und wer sich bewegt, verändert sich. Aber es kann auch wieder A von H und H von B in Wahrheit ausgesagt werden, denn jeder der sich freut, ist ruhig und wer ruhig wird, verändert sich. Sonach kann der Schluss aus verschiedenen Mittelbegriffen und auch aus solchen die nicht zu derselben Reihe verwandter Begriffe gehören, abgeleitet werden. Indess kann dies doch nicht in der Weise geschehen, dass keiner der Mittelbegriffe von dem andern ausgesagt werden könnte, vielmehr müssen Beide in dem Umfange eines höheren Begriffes enthalten sein. Auch bei den übrigen Schlussfiguren muss man untersuchen, wie vielfach der Beweis ein und desselben Satzes geführt werden kann.

Quelle:
Aristoteles: Zweite Analytiken oder: Lehre vom Erkennen. Leipzig [o.J.], S. 57-58.
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