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[146] Da aber alle ausgedehnte Größe in Größen theilbar ist, (denn es ist gezeigt worden, daß nicht kann sein aus Untheilbarem etwas Stetiges; alle Ausdehnung aber ist stetig), so muß das Schnellere, in der gleichen Zeit mehr, und in der kürzeren eben so viel, oder auch noch mehr durchlaufen, so wie Einige das Schneller bezeichnen. Es sei nämlich A schneller als B. Da nun schneller ist das, was eher sich verändert, so wird, in welcher Zeit A übergeht von C zu D, z.B. in F G, in dieser B nicht bis zu D gelangen, sondern zurückbleiben. Also in der gleichen Zeit durchläuft ein Mehres das Schnellere. Allein auch in der kürzern ein Mehres als dieß. Während nämlich A gelangt ist zu D, sei B, das Langsamere, gelangt zu E. Wird nun nicht, da A zu D gelangt ist in der ganzen Zeit F G, es bei H sein in kürzerer als diese? Es sein in der Zeit F K. Das C H nun, welches A durchlaufen ist, ist größer als C E, die Zeit F K aber kleiner als die ganze F G. Also durchgeht es in kürzerer ein Mehres. – Ersichtlich aber ist hieraus auch, daß das Schnellere in kürzerer Zeit durchläuft das Gleiche. Denn da es das Größere in kürzerer Zeit durchgeht, als das Langsamere, an und für sich betrachtet aber in längerer Zeit das Größere als das Kleinere, z.B. L M als L N, so wäre größer die Zeit P R, in welcher es L M durchgeht, als P S, in welcher L N. Also wenn die Zeit P R kleiner sein soll als die P V, in welcher das Langsamere durchgeht das L N, so ist auch die P S kleiner als die P V. Denn sie ist kleiner als P R, was aber kleiner ist als das Kleinere, ist selbst kleiner. Also bewegt sie sich in Kürze durch das Gleiche. Sodann wie Alles entweder in gleicher[146] Zeit, oder in kürzerer oder in längerer sich bewegen muß, und das was in längerer, langsamer ist, das was in gleicher, gleich schnell, das Schnellere aber weder ein Gleichschnelles, noch ein Langsameres ist: so bewegt weder in gleicher noch in längerer Zeit sich das Schnellere. Bleibt also übrig, in kürzerer. So daß die gleiche Größe in kürzerer Zeit durchgehen muß das Schnellere. Da aber alle Bewegung in der Zeit ist, und in aller Zeit etwas sich bewegen kann, alles aber was sich bewegt, sowohl schneller sich bewegen kann, als auch langsamer: so wird in aller Zeit stattfinden sowohl schnelleres sich Bewegen, als langsameres. Ist aber dieß, so muß auch die Zeit stetig sein. Ich nenne aber stetig, was theilbar ist in stets Theilbares. Denn wenn dieses als stetig zum Grunde liegt, so muß stetig sein die Zeit. Da nämlich gezeigt ist, daß das Schnellere in kürzerer Zeit durchgeht das Gleiche, so mag A ein Schnelleres sein, B ein Langsameres; und bewegen mag sich das Langsamere durch die Größe C D in der Zeit F G. Offenbar nun wird das Schnellere in kürzerer Zeit als diese, durch dieselbe Größe sich bewegen. Und es bewege sich in der Zeit F H. Umgekehrt, wenn das Schnellere in der F H durchgeht die ganze C D, so durchgeht das Langsamere in der nämlichen Zeit die kleinere. Sie sei nun C K. Wenn aber das langsamere B in der Zeit C H die C K durchgeht, so durchgeht das Schnellere sie in kürzerer. So daß wiederum getheilt werden wird die Zeit F H; wird aber diese getheilt, auch die Größe C K getheilt werden wird nach demselben Verhältniße. Wenn aber die Größe, umgekehrt auch die Zeit. Und stets wird dieß stattfinden, so oft man übergeht von dem Schnelleren zu dem Langsameren, und von dem Langsameren zu dem Schnelleren, und das Dargethane anwendet. Theilen nämlich wird das Schnellere die Zeit, das Langsamere die Länge. – Wenn nun mit Recht man stets umkehren kann, bei der Umkehrung[147] aber die Theilung erfolgt, so ergiebt sich, daß alle Zeit stetig ist. Zugleich aber erhellt auch daß alle Ausdehnung stetig sind. Denn die nämlichen und gleichen Theilungen erfährt sowohl die Zeit, als die Ausdehnung.
Auch schon aus dem was man gemeiniglich zu sagen pflegt, ergiebt sich, daß, dafern die Zeit stetig ist, auch die Ausdehnung es ist; wenn nämlich in der halben Zeit halb so viel durchkommt, und überhaupt in der kürzeren weniger. Dieselben Theilungen nämlich werden gelten für die Zeit und die Ausdehnung. Und wenn eines von beiden unbewegt ist, so ist es auch das andere; und wie das eine, so das andere; z.B. wenn in dem Aeußersten unbegrenzt ist die Zeit, so ist es auch die Ausdehnung in dem Aeußersten. Wenn aber in der Theilung, in der Theilung auch die Länge. Wenn aber in beiden die Zeit, in beiden auch die Länge. – Darum ist auch an dem was Zenon sagt, etwas Unwahres: daß es nicht möglich sei, das Unbegrenzte zu durchgehen, oder es zu berühren im Einzelnen in begrenzter Zeit. Zwiefach nämlich heißt sowohl die Länge als die Zeit unbegrenzt, und überhaupt alles Stetige: entweder nach dem, was durch Theilung sich ergiebt, oder nach dem Aeußersten. Von demjenigen nun was den Aeußersten nach unbegrenzt ist, findet keine Berührung statt in begrenzter Zeit; von dem aber was der Theilung nach, findet sie statt. Und auch die Zeit selbst ist in diesem Sinne unbegrenzt. So geschieht es, daß in der unbegrenzten Zeit, und nicht in der begrenzten, das Unbegrenzte durchgangen, und berührt wird das Unbegrenzte mittelst eines Unbegrenzten, und nicht mittelst eines Begrenzten. Weder also vermag man das Unbegrenzte in begrenzter Zeit zu durchgehen, noch in unbegrenzter das Begrenzte, sondern wenn die Zeit es ist, so wird auch die ausgedehnte Größe unbegrenzt sein, und wenn[148] die Größe, auch die Zeit. Es sei nämlich eine begrenzte Größe A B, eine unbegrenzte Zeit aber C. Man nehme nun von der Zeit einen begrenzten Theil C D. In diesem also wird etwas von der Größe durchgangen; und es sei das Durchgangene B E. Dieß nun wird entweder vollkommnes Maß sein für A B, oder ein Mehr oder Minder enthalten. Denn es ist hier kein Unterschied. Wenn nämlich stets die dem B E gleiche Größe in gleicher Zeit durchgangen wird, diese aber Maß für die ganze ist, so ist begrenzt die ganze Zeit, in welcher der Durchgang geschieht. In gleiche Theile nämlich wird sie getheilt; eben so wie die Größe. Und wenn nicht alle Größe in unbegrenzter Zeit durchgangen wird, sondern einige auch in begrenzter durchgangen werden mag, z.B. B E; diese aber Maß für die ganze ist: so wird auch die gleiche in gleicher durchgangen. Also muß begrenzt sein auch die Zeit. Daß aber nicht in unbegrenzter durchgangen wird die B E, ist ersichtlich, wenn auf der andern Seite begrenzt genommen wird die Zeit. Denn wenn in kürzerer Zeit der Theil durchgangen wird, so muß dieser nothwendig begrenzt sein, indem auf der andern Seite die Grenze gegeben ist. – Derselbe Beweis gilt, auch wenn die Größe unbegrenzt, die Zeit aber begrenzt sein soll. – Ersichtlich nun ist aus dem Beigebrachten, daß weder Linie, noch Fläche, noch überhaupt irgend etwas Stetiges untheilbar ist; nicht allein wegen das jetzt Gesagten, sondern auch weil sonst folgen müßte, daß getheilt würde das Untheilbare. Denn da es in aller Zeit ein Schneller und Langsamer giebt, das Schnellere aber mehr durchgeht in der gleichen Zeit, so muß es auch doppelte und anderthalbe Länge durchgehen können; denn dieß kann ein Verhältniß der Schnelligkeit sein. Es mag nun das Schnellere sich bewegen anderthalbmal so weit in derselben Zeit; und getheilt werden die Größen, die des Schnelleren in drei untheilbare Theile, A B, B C, C D, die[149] des Langsameren in zwei, E F, F G. Muß nun nicht auch die Zeit getheilt werden in drei untheilbare Theile? Denn das Gleiche wird in gleicher Zeit durchgangen. Es werde also getheilt die Zeit in K L, L M, M N. Andererseits aber, da das Langsamere ging durch E F, F G; muß nicht auch die Zeit in zweigetheilt werden? Getheilt also werden muß das Untheilbare, und was keinen Theil hat, wird nicht in untheilbarer Zeit durchgangen, sondern in längerer. – Man sieht also, daß nichts Stetiges ohne Theile ist.
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