[497] 24. anya-adhishṭhite pūrvavad, abhilāpāt
in die von einer andern [Seele] regierte [Pflanze], so wie vorher, weil [die Schrift] es andeutet.

Bei diesem Herabsteigen folgen auf das Herabregnen die Worte: »dieselbigen werden hienieden als Reis und Gerste, als Kräuter und Bäume, als Sesam und Bohnen geboren« (Chānd. 5, 10, 6.) Hier erhebt sich die Frage, ob in dieser Periode, wo sie in das Geschlecht der Pflanzen eingegangen sind, die mit dem Bodensatz behafteten Seelen an den Freuden und Leiden der Pflanzen teilnehmen, oder ob sie mit den von besondern Seelen regierten Pflanzenleibern nur eine Verflechtung eingehen. – Angenommen[497] also, ›die mit dem Bodensatz behafteten Seelen nähmen nach ihrem Eingange in das Geschlecht der Pflanzen auch an deren Freuden und Leiden teil; warum das? weil es sich schickt, den Ausdruck »sie werden geboren« in eigentlichem Sinne zu nehmen, und weil auch das Dasein der Pflanze von Schrift und Smṛiti als eine Stätte des Genusses der Frucht von Werken angesehen wird. Auch würde ein solches Dasein als eine unerfreuliche Frucht der vollbrachten Werke schicklich sein, weil dieselben, als Opfer u.s.w., die Tötung von Tieren zur Voraussetzung haben. Somit ist das Geborenwerden der mit dem Bodensatze Behafteten als Reis u.s.w. wörtlich zu nehmen, | ebenso wie das Geborenwerden als Hund u.s.w. Wie nämlich das Eingehen in einen Hundeschoss oder Schweineschoss oder Caṇḍālaschoss wörtlich zu nehmen ist und bedeutet, dass die mit dem Bodensatze Behafteten eine Geburt als Hund u.s.w. erleiden, welche von den entsprechenden Leiden und Freuden begleitet ist, ebenso muss es auch der Eingang in die Geburt des Reises u.s.w. sein.‹ – Auf diese Annahme erwidern wir: der Reis u.s.w. werden von andern Seelen regiert, und die mit dem Bodensatze Behafteten werden denselben nur beigemischt, ohne an deren Leiden und Freuden teilzunehmen, »so wie vorher«; d.h. so wie das Werden der mit dem Bodensatze Behafteten zu Wind, Rauch u.s.w. nur eine Verflechtung mit denselben bedeutete, ebenso bedeutet auch das Werden zu Reis u.s.w. nur eine Verflechtung mit demjenigen, was seiner Art nach als Pflanze besteht; warum das? weil etwas Ähnliches auch hier von der Schrift angedeutet wird. – ›Aber worin soll diese Ähnlichkeit der Andeutung bestehen?‹ – Darin, dass die Sache erwähnt wird, ohne an die vollbrachten Werke zu erinnern. So wie nämlich von dem Eingange in den Äther an bis zu dem Herabregnen hin an keine vollbrachten Werke erinnert wird, ebenso auch nicht bei dem Geborenwerden als Reis u.s.w.; daher auch hier kein Geniessen von Lust und Schmerz für die mit dem Bodensatze Behafteten anzunehmen ist. Denn wo die Schrift ein Geniessen von Lust und Schmerz anzeigen will, da erinnert sie an die vollbrachten Werke und redet von dem »erfreulichen Wandel« und dem »stinkenden Wandel«. Wäre ferner die Geburt als Reis u.s.w. für die mit dem Bodensatze Behafteten in eigentlichem Sinne zu nehmen, so müssten, wenn der Reis u.s.w. abgeschnitten, zerkleinert, gemahlen, gekocht und gegessen wird, die ihm entsprechenden, mit dem Bodensatze behafteten Seelen auswandern; | denn eine jede Seele wandert aus, wenn der ihr entsprechende Leib in Not gerät; dann aber könnte nicht gesagt werden, dass die mit dem Bodensatze Behafteten aus dem Sein des Reises u.s.w. in das Sein des Erzeugers übergingen. Somit ist anzunehmen, dass die mit dem Bodensatze Behafteten dem von andern Seelen regierten Reis u.s.w. bloss zugemischt werden.[498] Aus diesen Gründen muss man der Behauptung widersprechen, dass der Ausdruck »sie werden geboren« in eigentlichem Sinne zu nehmen sei, und dass das Dasein als Pflanze [für die mit dem Bodensatze Behafteten] eine Stätte des Geniessens sei. Damit behaupten wir keineswegs, dass nicht auch das Dasein der Pflanze eine Stätte des Geniessens sei; aber sie ist eine solche Stätte des Geniessens nur für andere Wesen, welche in Folge böser Werke zu dem Dasein als Pflanze herabgesunken sind; hingegen behaupten wir von den vom Monde Herabsteigenden, mit dem Bodensatze Behafteten, dass sie das Dasein als Pflanze nicht zu geniessen haben.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 497-499.
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