[640] 2. ›çeshatvât purusha-arthavâdo, yathâ anyeshu‹, iti Jaiminiḥ
›wegen seiner Zugehörigkeit ist sie eine auf den [Zweck des] Menschen bezügliche Zweckerklärung, wie bei andern,‹ so meint Jaimini.

›Wegen der »Zugehörigkeit« des Âtman, als des Thäters der Werke, zu den Werken ist auch die Erkenntnis desselben, so gut wie das Besprengen der Reiskörner und ähnliches, als ein zu Vollbringendes zu den Werken zu rechnen; und hieraus folgt, dass, wenn die Schrift der ihren Zweck erreicht habenden | Erkenntnis des Âtman eine Frucht beilegt, eine solche bloss als eine »Zweckerklärung« (arthavâda) anzusehen ist,‹ »so meint« der Lehrer »Jaimini«. ›Ähnlich nämlich, »wie bei andern« auf den Werkdienst bezüglichen] Materialien, Zurüstungen und Ausführungen, [diesen drei Rubriken entsprechend drei] Stellen wie die folgenden: »wer einen Löffel aus Parṇaholz besitzt, der hört keine üble Nachrede« (Taitt. saṃh. 3, 5, 7, 2); – »wenn er sich salbt, so wendet er damit das Auge des Rivalen von sich ab« (Taitt. saṃh. 6, 1, 1, 5); – »wenn das Voropfer und das Nachopfer geopfert werden, so ist dieses eine Umpanzerung des Opfers, und selbige wird zu einer Umpanzerung für den Veranstalter des Opfers, auf dass er seinen Rivalen überwältige« (Taitt. saṃh. 2, 6, 1, 5), – ähnlich also, wie diese Stellen, weil sie eine Verheissung des Lohnes enthalten, als eine Zweckerklärung (arthavâda) anzusehen sind, ebenso ist es auch in unserm Falle.‹ – Aber wie darf man diese Erkenntnis des Âtman, welche kein Thun, sondern nur das Studium erfordert, zum Opferwerke rechnen, ohne dass doch die eine oder andere der hierzu erforderlichen [Jaim. 3, 3, 14 aufgeführten] Ursachen vorliegt, z.B. dass das »Thema« davon handele u.s.w.? – ›Nun, es könnte vielleicht, da der Âtman beim Opfer der Thäter ist, die Erkenntnis desselben wegen der »Satzergänzung« [sofern er in Sätzen wie: »man soll opfern«, das Subjekt ausmacht] mit zum Opferdienste gehören?‹ – O nein![640] denn eine Anwendung der Satzergänzung ist hier nicht zulässig. Ja, wo ein unzweideutiger Weg sich eröffnet, da mag auch bei Vorschriften, welche, ohne Hand anzulegen, bloss studiert werden, auf Grund der »Satzergänzung« eine Zugehörigkeit zum Opfer anzunehmen sein (vgl. S. 614 und 620); | dass aber der Âtman der Thäter ist, kann nicht für einen solchen unzweideutigen Weg gelten, weil dieser Umstand den weltlichen und vedischen Werken gemeinsam ist [mithin wie bei jenen, so auch bei diesen keine besondere Erkenntnis des Âtman zu erfordern braucht]. Daher auf diesem Wege die Zugehörigkeit der Erkenntnis des Âtman zum Opferwerke nicht zu erweisen ist. – ›Doch nicht! denn die Erkenntnis des Fortbestehens der Seele über den Leib hinaus findet auf keine andern Werke als die vedischen Anwendung; denn auf die weltlichen Werke findet die Erkenntnis der über den Leib hinausreichenden Seele keine Anwendung, indem hier überall das Hinstreben auf ein sichtbares Ziel stattfindet. Bei den vedischen Werken hingegen, welche ihre Frucht erst in der Zeit nach dem Dahinfall des Leibes bringen, ist ein Hinstreben zum Ziele ohne die Erkenntnis der über den Leib fortbestehenden Seele nicht möglich; daher hier die Erkenntnis des Fortbestehens ihre Verwendung findet.‹ – Aber die Lehre der Upanishad's bezeichnet doch als Merkmal der Seele die Sündlosigkeit u.s.w., bezieht sich somit auf die nichtwandernde Seele und kann daher nicht ein Teil der Werkthätigkeit sein! – ›Dies wird bestritten; denn derjenige, welcher als der zu Schauende bezeichnet wird, ist die durch »Liebes« u.s.w. charakterisierte (vgl. Bṛih. 2, 4, 5) und somit wandernde Seele; | die Bestimmungen hingegen der Sündlosigkeit u.s.w. mögen um der Verherrlichung willen dastehen.‹ – Aber wir haben doch hier und dort bewiesen, dass jenes höhere, nichtwandernde Brahman die Ursache der Welt ist, und dieses Brahman eben wird in den Upanishad's als die wahre Natur der wandernden Seele erwiesen! [Wozu also hier der abermalige Zweifel?] – Gewiss ja, das haben wir erwiesen, aber gleichwie das Einrammen eines Pfahles [nur durch wiederholte Schläge gelingt], so werden hier, wo es sich um die Frucht [dieser Erkenntnis des Âtman] handelt, der Zweifel [ob dieselbe nicht zur Werkfrucht gehöre] und seine Zurechtbringung zum Zwecke grösserer Bekräftigung nochmals vorgeführt.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 640-641.
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