[508] 6. deha-yogād vā so 'pi
mit andern Worten: aus der Verbindung mit dem Leibe entspringt eben diese.

›Aber woher kommt es, wenn die Seele doch ein Teil des höchsten Ātman ist, dass ihre Allwissenheit und Allmacht verborgen[508] sind? Es wäre doch vielmehr zu erwarten, dass diese Allwissenheit und Allmacht, sowie das Brennen und Leuchten des Funkens, nicht verborgen wären?‹ – Wir antworten: das ist wohl wahr; aber »eben diese«, nämlich die Verbergung der Allwissenheit und Allmacht der Seele »entspringt aus der Verbindung mit dem Leibe«, d.h. aus der Verbindung mit Leib, Sinnen, Manas, Buddhi, Aussendingen, Empfindung u.s.w. Und darüber ist dies Gleichnis: so wie das Feuer zwar mit Brennen und Leuchten begabt ist, das Brennen und Leuchten aber verborgen sind, wenn das Feuer in das Holz eingegangen oder auch mit Asche überdeckt ist, ebenso entsteht durch die Verbindung der Seele mit den vom Nichtwissen aufgestellten, aus Name und Gestalt gebildeten Upādhi's, wie Leib u.s.w., die Verirrung, sich von denselben nicht zu unterscheiden, und diese bewirkt die Verbergung der Allwissenheit und Allmacht der Seele. Die Worte »mit andern Worten« sollen die Meinung, als sei die Seele von Gott [an sich] verschieden, beseitigen. – ›Aber ist nicht die individuelle Seele schon dadurch von Gott verschieden, | dass seine Allwissenheit und Allmacht verborgen sind, und ist nicht die Verweisung auf die Verbindung mit dem Leibe unnötig?‹ – Doch nicht! denn eine Verschiedenheit der Seele von Gott ist nicht zuzugeben, weil in der Stelle: »diese Gottheit beabsichtigte«, wo es weiter heisst: »ich will mit diesem lebenden Selbste (jīva ātman) in dieselben eingehen« (Chānd. 6, 3, 2), die individuelle Seele mit dem Worte »Ātman« bezeichnet wird; und auch die Worte: »das ist das Reale, das ist die Seele, das bist du, o Ēvetaketu« (Chānd. 6, 8, 7) legen der Seele die Gottwesenheit bei. Somit ist die Seele von Gott nicht verschieden, und nur durch ihre Verbindung mit dem Leibe wird ihre Allwissenheit und Allmacht verborgen, und daher lässt sich nicht behaupten, dass die Schöpfung der Wagen u.s.w. durch die Seele im Traume eine das Gewünschte realisierende sein müsse. Wäre wirklich die Schöpfung im Traume das Gewünschte realisierend, so würde niemand einen unangenehmen Traum haben, denn niemand wünscht oder realisiert, was für ihn unangenehm ist. – Wenn weiter behauptet wurde, dass der Traum real sein müsse, weil die Schrift von ihm sage, dass er eine Stätte des Wachens sei (Bṛih. 4, 3, 14), so hat diese Hervorhebung der Gleichheit nicht den Sinn, die Realität des Traumes zu lehren, weil dem das Selbstlichtsein der Seele im Traume widersprechen würde, und weil von der Schrift selbst gesagt wird, dass die Wagen u.s.w. im Traume nicht wirklich vorhanden sind. Weil vielmehr die Vorstellungen des Traumes in den beim Wachen entstandenen Vorstellungen ihren Grund haben, so hat jene Schriftstelle den Zweck, zu zeigen, dass der Traum eine dem Wachen ähnliche Scheinbarkeit[509] besitze. – Es ist somit richtig, dass der Traum auf einer blossen Illusion beruht.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 508-510.
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