[522] 14. arūpavad eva hi, tat-pradhānatvāt
denn es ist nur ohne Gestalt; weil darauf die Abzweckung.

Man muss festhalten, dass das Brahman nur ohne die Verhältnisse der Gestalt u.s.w. ist, nicht mit Gestalt u.s.w. behaftet. Warum? »weil darauf die Abzweckung«. Denn es heisst: »es ist nicht grob und nicht fein, nicht kurz und nicht lang« (Bṛih. 3, 8, 8); – »unhörbar, unfühlbar, unsichtbar, unvergänglich« (Kāṭh. 3, 15); – »der Raum fürwahr ist es, der die Namen, und Gestalten auseinanderdehnt; was in diesen beiden ist, das ist das Brahman« (Chānd. 8, 14, 1); – »denn göttlich ist der Geist der ungestaltete, der draussen ist und drinnen, ungeboren« (Muṇḍ. 2, 1, 2); – »dieses Brahman ist ohne Früheres und ohne Späteres, ohne Inneres und ohne Äusseres; diese Seele ist Brahman, die allvernehmende«[522] (Bṛih. 2, 5, 19); – diese und andere Worte zwecken darauf ab, die Selbstwesenheit des weltausbreitungslosen Brahman darzulegen, nicht aber zwecken sie auf etwas anderes ab, wie wir dies feststellten an der Stelle: »jenes vielmehr, wegen der Übereinstimmung« (Sūtram 1, 1, 4.) Somit hat man das Brahman so wie es in derartigen Schriftstellen gelehrt wird, nämlich als gestaltlos, festzuhalten. Die übrigen Schriftstellen aber, welche von einem gestalthaften Brahman handeln, zwecken nicht auf dieses selbst, sondern vielmehr auf eine Vorschrift seiner Verehrung ab. Was in ihnen gelehrt wird, das ist anzunehmen, soweit kein Widerspruch sich zeigt; wo aber ein Widerspruch sich zeigt, da hat man sich zu erinnern, dass die auf das Brahman selbst abzweckenden Schriftworte mehr Gewicht haben als die nicht auf dasselbe abzweckenden. Dies ist der Grund unserer Entscheidung, vermöge deren, wennschon beide Arten von Schriftstellen vorliegen, das Brahman doch nur als gestaltlos, nicht auch als das Gegenteil festzuhalten ist.

›Aber welches ist denn die Bedeutung derjenigen Schriftstellen, welche sich auf ein gestalthaftes Brahman beziehen?‹ – Darauf antwortet der Lehrer:

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 522-523.
Lizenz:
Kategorien: