[728] 19. niēi na, iti cen? na! sambandhasya yāvad-deha-bhāvitvāt; darēayati ca
in der Nacht nicht, meint ihr? Nein! weil die Verbindung so lange wie der Leib besteht; auch lehrt sie es.

[728] Die Verbindung zwischen den Adern und den Strahlen besteht bei Tage, daher man meinen könnte, ›nur wer bei Tage sterbe, könne dem Strahle nachgehen, wer bei Nacht sterbe hingegen nicht, weil dann die Verbindung zwischen Adern und Strahl unterbrochen sei.‹ – Aber dem ist nicht so, denn die Verbindung zwischen Adern und Strahl besteht »so lange wie der Leib«. Nämlich das ganze Bestehen des Leibes hindurch beharrt diese Kommunikation zwischen den Körpergefässen und den Sonnenstrahlen. Dies lehrt das Schriftwort: »von jener Sonne spannen sie sich aus und schlüpfen in diese Adern; von diesen Adern spannen sie sich aus und schlüpfen in jene Sonne« (Chānd. 8, 6, 2.) Dass übrigens diese Strahlen auch in der Nacht fortbestehen, kann man zur Sommerzeit wahrnehmen, nämlich an der Hitze u.s.w., welche ihre Wirkung sind; in den Nächten der andern Jahreszeiten sind sie nicht so gut bemerkbar, weil ihrer wenigere sind, ähnlich wie an trüben Tagen der kalten Jahreszeit. »Auch lehrt dies« die Schrift, wenn sie bestimmt, dass es auch in der Nacht Tag sei (vgl. Chānd. 8, 4, 2.) Könnte nämlich der in der Nacht Verstorbene, auch ohne dem Strahle nachzugehen, emporsteigen, | so würde das Nachgehen dem Strahle überhaupt zwecklos sein. Denn es steht nichts zu lesen von einem Unterschiede, als wenn der bei Tage Sterbende mit Hülfe der Strahlen emporstiege, der bei Nacht Sterbende hingegen ohne ihre Hülfe. Oder soll man annehmen, dass selbst der Wissende, bloss wegen des Missgeschickes, dass er bei Nacht stirbt, gar nicht emporsteige? Dann würde die Frucht des Wissens nur eventuell eintreten, und es würde mit ihm nicht voranzukommen sein, da die Zeit des Todes unbestimmbar ist. Oder soll man annehmen, dass der bei Nacht Verscheidende den Anbruch des Tages abwarte? Da könnte es geschehen, dass bei Anbruch des Tages der Leib, welcher mit den Strahlen sich verbinden sollte, gar nicht mehr da wäre, indem man ihn bereits verbrannt hätte. Und auch die Schriftstelle: »schnell wie man den Geist darauf richtet, geht er zur Sonne« (Chānd. 8, 6, 5) beweist, dass ein Abwarten nicht anzunehmen ist. Somit findet das Nachgehen dem Strahle ohne Unterschied bei Tage und bei Nacht statt.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 728-729.
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