[375] 42. utpatti-asambhavāt
wegen der Unmöglichkeit des Hervorgehens.

Wir haben die Meinung derjenigen, welche Gott nicht als Urstoff, sondern nur als Regierer und bewirkende Ursache gelten lassen wollen, widerlegt. Jetzt bleibt nur noch die Meinung[375] derjenigen zu widerlegen, für welche Gott sowohl Urstoff als auch Regierer und somit die beiderseitige Ursache ist. – Aber haben wir nicht selbst mit Berufung auf die Schrift Gott in dieser Weise oben als Urstoff und als Regierer erwiesen, und steht es nicht fest, dass auch die Smṛiti, sofern sie der Schrift nachfolgt, als Autorität gilt? Warum wird also diese Annahme derselben hier bekämpft? – Wir antworten: allerdings giebt dieser Teil der gegnerischen Meinung wegen seiner Gleichartigkeit mit unserer Lehre zu Ausstellungen keine Veranlassung; wohl aber giebt eine solche ein anderer Teil dieser Lehre; daher wir ihn bekämpfen müssen. Nämlich die Bhāgavata's glauben, dass nur der verehrungswürdige, einheitliche, seinem Wesen nach aus lauter Erkenntnis bestehende Vāsudeva die absolute Realität ausmacht. Indem dieser sein Wesen vierfach zerteilt, besteht er in seiner Zerlegung als Vāsudeva, Sa karshaṇa, Pradyumna und Aniruddha. Als Vāsudeva ist er der höchste Ātman, als Sa karshaṇa die individuelle Seele, als Pradyumna das Manas, als Aniruddha das Ich-Bewusstsein. Unter ihnen bildet | Vāsudeva den letzten Urgrund, während die anderen, Sa karshaṇa u.s.w., seine Wirkungen sind. Wenn man diesen so beschaffenen Bhagavān hundert Jahre hindurch durch Nahen zu ihm, Angebinde, Opfer, Studium und religiöse Übungen verehrt hat, so wird man seine Sünden los und gehet zu Bhagavān ein. Wenn es nun hierbei heisst: »jener Nārāyaṇa, welcher höher als das Unoffenbare, der höchste Ātman und die Seele von allem ist, dieser besteht vielfältiglich, indem er sich selbst durch sich selbst zerlegt«, so haben wir auch dagegen nichts einzuwenden, indem auch aus Schriftworten wie »er besteht einfach, er besteht dreifach« u.s.w. (Chānd. 7, 26, 2) das Bestehen des höchsten Ātman in vielfältiger Gestalt sich ergiebt. Und auch wenn weiter die Verehrung dieses Bhagavān durch Nahen zu ihm u.s.w. mittels eines unablässigen Richtens der Gedanken auf ihn gefordert wird, so widersprechen wir auch dem nicht, weil von Schrift und Smṛiti das Sichversenken in Gott gut geheissen wird. Wenn aber weiter gesagt wird, dass aus Vāsudeva Sa karshaṇa hervorgehe, aus Sa karshaṇa Pradyumna, und aus Pradyumna Aniruddha, so müssen wir bemerken: es geht nicht an, dass aus der Vāsudeva genannten höchsten Seele die Sa karshaṇa genannte individuelle Seele hervorgehe, weil dabei der Fehler eintreten würde, dass die letztere nicht ewig u.s.w. wäre; denn wenn die individuelle Seele entstanden ist, so kann sie nicht ewig sein. Somit könnte darin, dass dieselbe zu Bhagavān eingeht, keine Erlösung liegen, weil sie dabei als Wirkung, falls sie nicht zugleich die Ursache selbst ist, | zu Grunde gehen würde. Darum wird auch weiter unten der Lehrer die Entstehung der individuellen Seele in Abrede stellen mit den Worten: »nicht das Selbst, weil nicht schriftgemäss; auch wegen der[376] Ewigkeit nach jenen [Schriftstellen]« (Sūtram 2, 3, 17.) – Somit ist diese Annahme unzutreffend.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 375-377.
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