[335] 13. samavâya-abhyupagamâc ca, sâmyâd anavasthiteḥ
auch, wenn man eine Inhärenz annimmt, weil, wegen der Gleichmässigkeit, ein [335] regressus in infinitum.

»Auch, wenn man eine Inhärenz annimmt« – ist »keine [Atomverbindung]« (Sûtram 2, 2, 12) möglich; – so hängt es mit der vorhergehenden Widerlegung der Atomtheorie zusammen. Nämlich der Gegner nimmt an, dass das Doppelatom, welches aus den zwei Atomen als ein von ihnen ganz Verschiedenes entsteht, den beiden Atomen inhärierend sei. Aber auch durch diese Annahme kann der Atomtheorie nicht aufgeholfen werden; warum? »weil, wegen der Gleichmässigkeit, ein regressus in infinitum«. Ebenso wie nämlich das von den beiden Atomen ganz verschiedene Doppelatom durch eine inhärenzartige Verknüpfung | mit beiden verknüpft wird, ebenso müsste auch die Inhärenz selbst, weil sie von den Inhärenzträgern absolut verschieden ist, abermals durch eine zweite inhärenzartige Verknüpfung mit den Inhärenzträgern verknüpft werden, weil beide Male eine gänzliche Verschiedenheit gleichmässigerweise besteht; ferner müsste für diese Verknüpfung wieder eine andere und wieder andere Verknüpfung angenommen werden, und so würde ein regressus in infinitum eintreten. – ›Aber die Inhärenz (samavâya) kann in diesem Falle, da sie ein von dem Vorstellungsvermögen Aufzufassendes ist [dem keine materielle Wesenheit entspricht], doch nur dann von ihm aufgefasst werden, wenn sie mit den Trägern der Inhärenz wesentlich und für immer verknüpft ist, nicht aber, wenn sie unverknüpft neben ihnen besteht oder auch [in ihrer Verknüpfung] durch eine andere Verknüpfung bedingt ist, und folglich braucht man nicht für jede Verknüpfung immer wieder eine neue Verknüpfung anzunehmen und dadurch in den regressus in infinitum zu verfallen.‹ – Nein! so entgegnen wir; denn wenn dem so ist, [dann bedarf es gar keiner Annahme einer Inhärenz (samavâya); denn] dann muss auch die blosse Verbindung (saṃyoga) schon mit den Trägern der Verbindung wesentlich und für immer verknüpft sein und bedarf ebenso gut wie die Inhärenz keiner besondern Verknüpfung [mit ihren Trägern] mehr. Oder soll die Verbindung etwas von ihren Trägern selbst Verschiedenes sein und noch einer besondern Verknüpfung mit ihnen bedürfen? Nun, mit demselben Rechte ist dann auch die Inhärenz etwas von ihren Trägern Verschiedenes und bedarf noch einer besonderen Verknüpfung mit ihnen. Kommt uns nur nicht damit, dass ihr sagt, die Verbindung bedürfe, weil sie eine der [24 von den Vaiçeshika's unter der zweiten Kategorie aufgezählten] Qualitäten sei, noch einer besonderen Verknüpfung, die Inhärenz hingegen nicht, weil sie keine Qualität[336] [sondern eine besondere Kategorie für sich] sei! Denn der Grund, uns nach einer solchen [Verknüpfung] umzusehen | ist in beiden Fällen der gleiche; und was ihr in eurer Terminologie als Qualitäten [und nicht als solche] bezeichnet, darauf kommt es dabei gar nicht an. Sobald man aber die Inhärenz für etwas von ihren Trägern Verschiedenes erklärt, ist der regressus in infinitum unvermeidlich. Ist er es aber, so wird mit der Unbeweisbarkeit des ersten Schrittes jeder weitere unbeweisbar; es wird undenkbar, wie aus zwei Atomen ein Doppelatom hervorgehen sollte, und auch aus diesem Grunde ist die Theorie von den Atomen als Weltursache unannehmbar.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 335-337.
Lizenz:
Kategorien: