[323] 6. abhyupagame 'pi; artha-abhâvât
und auch wenn man dies einräumt; weil kein Zweck vorhanden.

Eine Bewegung der Urmaterie, welche in ihrer eigenen Natur begründet wäre, ist, wie wir gezeigt haben, unmöglich. Nun wollen wir dir aber einmal Glauben schenken und eine in der Natur der Urmaterie begründete Bewegung derselben einräumen; so bleibt auch dann ein Fehler bei der Sache. Warum? »weil kein Zweck vorhanden«. Wenn nämlich, wie behauptet wurde, die Bewegung in der Natur der Urmaterie begründet ist und auf nichts anderes Rücksicht nimmt, so darf sie, so wie sie auf kein Hülfsmittel Rücksicht nimmt, auch auf keinen Zweck Rücksicht nehmen. Damit würde aber die Annahme [der Sâ khya's], dass die Urmaterie sich fortentwickle, um das Ziel des Purusha zu[323] verwirklichen, hinfällig werden. Wenn der Gegner behaupten sollte, dass sie nur auf kein Hülfsmittel, nicht auch auf keinen Zweck Rücksicht nehme, so müssen wir doch in Betreff dieses Zweckes der Fortentwicklung der Urmaterie uns darüber entscheiden, ob derselbe in dem Genüsse oder in der Erlösung oder in beidem bestehen solle. | Soll er in dem Genusse bestehen, so ist zu bemerken, dass ein Geniessen des für keine Steigerung empfänglichen Purusha nicht denkbar ist; auch würde derselbe dann nicht erlöst werden. Soll hingegen die Erlösung der Zweck sein, so ist diese doch schon vor der Weltentwicklung vollbracht, und die Weltentwicklung wird zwecklos; auch würde dann [weil kein Genuss, auch] keine Wahrnehmung der Sinneseindrücke möglich sein. Nimmt man endlich an, dass der Zweck in beidem bestehe, so würde wegen der Unendlichkeit der zu geniessenden Teile der Urmaterie niemals [eine Beendigung des Genusses und somit] eine Erlösung eintreten. Denn in einer blossen Vernichtung des Verlangens kann der Zweck der Weltentwicklung nicht bestehen, indem ein Verlangen weder bei der Urmaterie denkbar ist, weil sie ungeistig, noch bei dem Purusha, weil er fleckenlos ist. Wird endlich die Weltentwicklung darum angenommen, weil sonst die Sehkraft [des Purusha] und die Schöpferkraft [der Urmaterie] zwecklos sein würde, nun dann folgt, dass, so wie die Sehkraft unvernichtbar ist, auch die Schöpferkraft unvernichtbar, folglich der Saṃsâra unaufhebbar, folglich die Erlösung unmöglich ist. Somit ist es ungereimt anzunehmen, dass die Urmaterie sich um des Purusha willen fortentwickle.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 323-324.
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