[373] 40. karaṇavac cen? na bhoga-ādibhyaḥ
organhaft, meint ihr? Nein! wegen des Genusses u.s.w.

Aber könnte nicht [»organhaft«, d.h.] ähnlich wie die Seele (purusha) als Substrat die Schar der Organe, die Sehkraft u.s.w. hat, obwohl dieselben unwahrnehmbar und der Farbe u.s.w. ermangelnd sind, ebenso der Gott als Substrat die Urmaterie haben? Auch dies ist unannehmbar; denn dass die Seele die Schar der Organe als Substrat hat, ergiebt sich daraus, dass sie eine geniessende[373] ist; im vorliegenden Falle aber ist ein Geniessen u.s.w. nicht abzusehen. Würde aber die Analogie [der Urmaterie] mit der Schar der Organe anerkannt, | so müsste ebenso wie bei den wandernden Seelen auch bei Gott ein Geniessen u.s.w. statthaben.

Man kann die beiden letzten Sūtra's auch anders erklären. »Auch wegen Unmöglichkeit eines Substrates«; d.h. auch darum ist der von den Anhängern der Reflexion angenommene Gott unstatthaft, weil, wie die Erfahrung zeigt, ein Herrscher sein Reich nur beherrschen kann, sofern er ein Substrat, d.h. einen Leib besitzt, nicht ohne dieses Substrat; und somit müsste man, diesem Erfahrungsbeispiele gemäss, wenn man einen unsichtbaren Gott annehmen wollte, auch diesem Gotte irgend einen Leib als Standort seiner Organe beilegen; dieses aber ist unmöglich; denn ein Leib entsteht erst im Verlaufe der Schöpfung; vor der Schöpfung ist er undenkbar. Somit würde dem Gotte das Substrat fehlen; ohne dieses aber könnte er nicht der Beweger [der Materie] sein, wie aus der Erfahrung ersichtlich. – »Organhaft, meint ihr? Nein! wegen des Genusses u.s.w.«; d.h. vielleicht könnte man im Einklange mit der Erfahrung auch bei Gott | irgend einen [»organhaften« d.h.] den Standort der Organe bildenden Leib, wenn man so will, annehmen; aber auch damit kommt man nicht durch; denn wenn Gott einen Leib hat, so muss ihm ebenso wie der wandernden Seele ein Geniessen u.s.w. beigelegt werden, und daraus würde folgen, dass [ebenso wie die Wanderseele] auch Gott der Göttlichkeit ermangelte.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 373-374.
Lizenz:
Kategorien: